Michael Schmidt (Hrsg.): Zwielicht 3 (Buch)

Michael Schmidt (Hrsg.)
Zwielicht 3
Titelbild von Björn Ian Craig
Saphir im Stahl, 2013, Taschenbuch 422 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-943948-11-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Zum nunmehr dritten Mal hebt sich der Vorhang zu einem Horror-Magazin in Buchform. Ähnlich wie früher „Omen“ aus dem Festa Verlag versucht „Zwielicht“, dem Leser der unheimlichen Literatur neue Geschichten vorzustellen, aber auch Hintergrundberichte vorzulegen. Neben der Buchausgabe erscheint unter dem Signet „Zwielicht-Classic“ zunächst als eBook – eine Printveröffentlichung ist geplant und in einem ersten Band auch bereits realisiert – eine Anthologie-Reihe mit bereits anderweitig veröffentlichten Storys von 1811 bis heute. „Zwielicht“ selber verwöhnt den Leser dagegen mit Originalbeiträgen, Ausnahmen wie die neu übersetzte Novelle Algernon Blackwoods bestätigen hier die Regel.

Der Verlagswechsel von Eloy Edictions zu Saphir im Stahl brachte einen Formatwechsel mit sich. Statt des großformatigen Paperbacks erwartet ein Taschenbuch den Leser. Dafür darf sich dieser vorliegend auf einen erweiterten Sekundärteil freuen.

Wie immer hat sich Herausgeber Michael Schmidt erfolgreich darum bemüht, Originalgeschichten unterschiedlichster Art, alle aber stilistisch ansprechend und inhaltlich abwechslungsreich, für die Ausgabe zu finden.

Den Auftakt macht ein sehr kurzer Beitrag von Antje Ippensen, der mich eher verwirrte, als dass er mich fesseln konnte. Es schließen sich mannigfaltige Kurzgeschichten aus der Feder von Markus Richter (ein forensischer Archäologe stößt auf auf ein nach wie vor genutztes alt-ömisches Heiligtum und findet einen ganz eigenen Zugang zum Kult), Vincent Voss (ein Obdachloser nimmt für die erlittenen Kränkungen durch die Karrieretypen im Banken- und Versicherungsviertel auf eigene Art Rache), Abel Inkun (Pornoaufnahmen in einer entweihten Kirche locken die Abgesandten der Hölle aus ihrem Versteck), Dominik Grittner (ein skrupelloser Dealer macht sich eine junge Studentin hörig), Rainer Innreiter (nach einem Schiffbruch stehen die Überlebenden vor dem Verhungern – doch es gibt Fleisch auf der Insel, menschliches Fleisch...), Torsten Scheib (bei lukullischem Genuss von Muscheln aus der Nordsee sollte man aufpassen – manches Mal beherbergen die Schalen auch eine Meerjungfrau), Jakob Schmidt (es geht um ein besonderes Geschenk für den etwas senilen, nervigen Opa), Christian Endres (er berichtet vom Schicksal des letzten Büffel-Skinners der amerikanischen Prärie, den seine Opfer verfolgen), Michael Schmidt (ein Werwolf findet eine junge Frau, die ihn zähmen will – wenn nur der Wolf in seinem Inneren nicht wäre), Lothar Nietsch (ein Menschenfresser durchlebt einen Albtraum, in dem er auf seine Opfer trifft), Christian Weis (ein Ermordeter wacht im Leichenschauhaus wieder auf und nimmt an seinen Mördern grausame Rache), Michael Siefener (ein Mann sucht sein ganzes Leben lang Gott – und kann ihn doch nicht finden, bis er in einen Spiegel schaut..), Achim Hildebrand (er berichtet von den Mitteln der Homöopathie, die einem geplagten Kollegen seine ständigen Äußerungen abgewöhnen sollen), Merlin Thomas (ein kleines Mädchen, das in Konkurrenz mit den Geschwistern um die Aufmerksamkeit der Eltern buhlt, entdeckt eine schwarze Tür, hinter der ein neuer Freund lauert..) sowie Algernon Blackwood (ein Engländer geht in den britischen Kolonien auf die Jagd und stößt im Tal der Tiere auf den Gott der Indianer).

In den beigegebenen Artikeln geht es um den Wald als Handlungsort unheimlicher Geschichten, wandeln wir auf den Spuren Lovecrafts durch dessen Heimat, betrachten wir, längst überfällig, die Oeuvre von Karl-Edward Wagner und Eddie M. Angerhuber, wird der Vincent Preis kurz gestreift und schließlich Frank Festa und dessen Wirken gewürdigt.

Man kann Herausgeber wie Verlagsinhaber nicht hoch genug loben. Nicht nur, dass sie dem Leser abwechslungsreiches und ansprechendes Material an die Hand geben, Magazine sind schlicht wichtig für Verfasser wie Leser. Wo sonst können erstere sich einem breiten Kreis interessierter Fans vorstellen, können sie mit ihren Geschichten zum Nachdenken, zum Genießen und zum Auseinandersetzen anregen und wo sonst finden Interessierte neue Autoren, die sie unterhalten oder aber auch Abhandlungen zu „ihrer“ Literaturgattung. Insofern kann man dem Verlag nur wünschen, dass man mit dem sehr preisgünstigen Band eine Erfolgsgeschichte beginnt, der noch viele weitere Ausgaben folgen werden.