Matthias Falke: Der Actinische Götze (Buch)

Matthias Falke
Der Actinische Götze
Titelillustration von Alexander Preuss
Begedia, 2013, Taschenbuch, 216 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-943795-37-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Eigentlich sollten die Flitterwochen von Commander Frank Norton und der Shuttelpilotin Jennifer Ash perfekt werden. Dass die „Marquis de Laplace“ im Orbit über der paradiesischen, von kleinen Atollen übersäten Welt Sin Pur schwebt und überholt wird, nutzen unsere beiden Turteltauben dafür, es sich so richtig gutgehen zu lassen. Ein Inselchen für sich, Sonne, Strand und jede Menge Zeit füreinander – da kann man regelrecht neidisch werden. Bis sie dann bei einem Tauchgang vor ihrem Atoll auf ein verlorenes Beutestück aus dem Jahrzehnte zurückliegenden Krieg der Union gegen die Sineser stoßen.

Damals hatte die sinesische Besatzungsmacht in einem höchst geheimen unterseeischen Komplex an einer Waffe geforscht. Dass sie dabei das Kloster des Prana-Bindu-Ordens überfielen und das höchste Heiligtum, ein circa 20 Zentimeter großes Abbild aus einem unbekannten Material entwendeten, ist außer dem damaligen Lama niemand bekannt. Als unsere Turteltauben bei ihrem Tauchgang auf das verschwundene Relikt stoßen, ahnen sie nicht, dass sie damit die Wiederaufnahme eines Wettlaufs um eine ultimative Waffe auslösen – und die Sineaner sind buchstäblich bereit, über Leichen zu gehen um ihre Niederlage vor dem Mond Persephone vergessen zu machen…

Matthias Falke wendet sich von der Renaissance der Forscher-SF ein wenig ab, und präsentiert uns statt mysteriösen Überbleibseln verschollener Intelligenzen einen Plot, der sich in einer faszinierenden Umgebung mit der Aufklärung von Verbrechen und mit der Kriegsvergangenheit beschäftigt. Durch die Einführung der Prada-Bindu-Mönche in ihren Bergklöstern auf Musan und der Verbindung dieser Religion mit Jennifer Ash erschließt sich dem Leser die inhaltlich an die tibetanischen Mönche erinnernde Ausgestaltung auf sehr direkte, intime Art und Weise. Mehr noch, über die Mönche und deren Heiligtum wird der Krieg, der im Zwillingssystem vor 40 Jahren tobte, erstmals angesprochen. Vor vier Jahrzehnten stand die menschliche Union vor ihrer Auslöschung. Nur dem Einsatz einer moralisch umstrittenen ultimativen Waffe verdankt die Galaxis seitdem ihren wackeligen Frieden. Dass in dem einst von der sinesischen Besatzungsmacht beherrschten Doppelplanetensystem viele den alten, despotischen Herrschern nachtrauern, ist eigentlich unverständlich, und nur mit dem Drang persönlicher Machtausübung im Gefolge der Besatzung zu erklären.

Gerade im Vergleich zu dem Vorgänger, „Ruinenwelt“, fällt auf, dass Falke vorliegend viel mehr Wert auf eine actionreiche Handlung legt. Die Zeichnung des fremden Planeten gerät in den Hintergrund, stattdessen thematisiert er einen sich andeutenden neuen Konflikt, nimmt Bezug auf das alte Kriegsgeschehen und hält seinen Handlungsbogen kurz und knapp. Es gibt Anschläge, Verfolgungsjagden, jede Menge unschuldiger Opfer und stereotyp gezeichnete Antagonisten, die unseren beiden Protagonisten das Leben schwermachen. Inhaltlich reiht sich der Roman in eine Reihe der üblichen Romane ein, in denen es um Kommandounternehmen, die Auseinandersetzung verfeindeter Rassen und Kommisköpfe geht, die ihre Ziele ohne jegliche Rücksicht auf Opfer verfolgen ein. Das liest sich inhaltlich sehr spannend und interessant, lässt aber gerade im Vergleich mit „Ruinenwelt“ ein wenig das Besondere, das diesen Roman ausgezeichnet hat, die einfühlsame und überzeugende Darstellung fremden Lebens und dessen Relikte, vermissen.