Robert Jackson Bennett: Silenus (Buch)

Robert Jackson Bennett
Silenus
(The Troupe)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Frauke Meier
Piper, 2012, Paperback, 576 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-492-26870-7 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Die Welt der reisenden Schauspieler übt seine magische Anziehungskraft auf Alt und Jung aus. Immer wenn ein Zirkus irgendwo gastiert, füllen sich die Hallen, bekommen die Zuschauer große, staunende Augen. George Carole ist sechzehn, als er sich, als begnadeter Pianist, zunächst einem unbekannten Schausteller anschließt. Er ist auf der Suche nach einer der berühmtesten Truppen, die vor 16 Jahren auch in seiner kleinen Heimatgemeinde gastierte. Damals besuchte Silenus nicht nur die Bühne des Hauses, auch in das Herz einer jungen Frau, die bei der Geburt ihres Sohnes starb, schlich sich der Geschichtenerzähler. Nun ist der Sohn auf der Suche nach dem vermeintlichen Vater.

Als er diesen trifft, muss er sich enttäuscht eingestehen, dass er sich einen ganz anderen Empfang ausgemalt hat. Statt ihn stolz und mit offenen Armen bei sich aufzunehmen, sieht der Bühnenmagnat in ihm zunächst nur einen willigen Arbeiter. Was aber passiert nur mit den Zuschauern, wenn sie mit offenen Augen staunend, fast gelähmt, in der Vorstellung sitzen und sich später nicht mehr erinnern können, was sie überhaupt gesehen haben?

Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit, während der George nicht nur die Geschichten seiner neuen Kollegen kennenlernt sondern auch mit der Truppe gastierend über die Lande zieht, weiht ihn sein Vater in die Geheimnisse ein. Sie, eine kleine Vaudeville-Truppe, hüten das Lied der Welt. Einst schuf das Lied des Schöpfers die Welt und deren Lebewesen, nun wird die Welt vom großen Nichts bedroht. Wölfe, so nennt man die personifizierten Löcher im Gewebe, die immer größere Teile der Welt ins Nichts reißen, sind auf der Suche nach denen, die das Lied am Leben halten – nach Silenus und seiner Truppe…

Das, was uns der Verlag hier irreführend als Thriller offeriert, ist ein ganz besonderer Roman, Ähnlich und doch inhaltlich wieder ganz anders als „Mr. Shivers“, die Erstveröffentlichung des Autors, legt er nun einen Roman vor, der den Leser auf ungewöhnlichen Wegen in eine phantastische Welt entführt. Gespickt mit interessanten Ideen und markanten Gestalten voller Geheimnisse, Ecken und Kanten verwöhnt Bennett uns mit philosophisch angehauchten Gedanken um die Schöpfung der Welt, deren Vernichtung, ihrem Schutz und Erneuerung. Es geht um die Endlichkeit allen Seins, um Furcht und Glück, um Heimat und Familie, Freundschaft und um den Tod. Dabei erinnerte mich der Plot ein ganz klein wenig an Geschichten aus der Feder Michael Endes. Reminiszenzen an „Momo“ werden wach, wobei Bennett ganz andere Wege beschreitet und letztlich natürlich auch zu anderen Aussagen kommt.

Geprägt wird der Roman unstrittig von seinen Gestalten. Sie alle, angefangen von George bis hin zu Silenus, sind detailreich und unheimlich interessant gezeichnet. Peu à peu enthüllt der Autor ihre Schicksale, die uns betroffen machen, die Mitleid und Verständnis für sie und ihr Handeln wecken.

Rein äußerlich hat sich Piper erneut und dieses Mal sehr erfolgreich bemüht, aus der monatlichen Masse von Veröffentlichungen herauszustechen, ein sehr markantes Titelbild in Prägedruck, das weckt Interesse am Buch.

Insoweit ein rundum gelungenes Werk, das geschickt und überzeugend Inhalt mit Spannung verbindet.