Northlanders 6: Die Belagerung von Paris (Comic)

Brian Wood
Northlanders 6
Die Belagerung von Paris
(Northlanders 35-41, 2010/2011)
Aus dem Amerikanischen von Bernd Kronsbein und Claudia Fliege
Titelbild von Massimo Carnevale
Zeichnungen von Becky Cloonan, Simon Gan u.a.
Panini, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 164 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86201-287-9

Von Christel Scheja

Vier Geschichten finden sich im sechsten Sammelband von „Northlanders“. Wieder einmal zeigt Brian Wood die Wikinger fern von Pathos oder Klischees, erzählt Geschichten, die sich wirklich so ereignet haben könnten – fernab der Zivilisation oder am Rande großer Schlachten.

So sieht es auch mit „Die Belagerung von Paris“, der Titelgeschichte, aus. Im Jahr 885 stehen 30.000 kampfbereite Krieger vor der Stadt und versuchen sie zu erobern. Aber ihnen gegenüber stehen zweihundert Männer auf einem Wachturm, der die einzige Brücke in die Stadt beschützt und die zu allem bereit sind, um zu verhindern, dass auch ihre Heimat gebrandschatzt und geplündert, Menschen vergewaltigt, getötet und verschleppt werden. Schon fast ein Jahr halten sie der Belagerung stand, so dass die Männer vor den Toren langsam die Geduld verlieren. Deshalb sind Krieger mit Mut und Verstand gefragt, die das Unmögliche wagen wollen.

„Das Mädchen im Eis“ erzählt von einem alten, einsam zwischen zwei Domänen lebenden Mann, der eigentlich nur seine Ruhe haben will. Doch dann reißt ihn ein Fund aus seiner Lethargie und Menschenscheu. Er findet ein Mädchen im Eis und ist so ergriffen, dass er sie herausholt und beginnt, ihren Tod zu hinterfragen – mit bitteren Folgen.

Ebenso einsam ist der Mann. „Die Jagd“ ist die einzige Möglichkeit zu vergessen, dass seine Frau ihn verlassen hat und ein Überleben in diesem strengen Winter schwer werden könnte. Gerade deshalb verfolgt er umso intensiver einen Hirschen.

„Thors Tochter“ ist keine Halbgöttin, aber die Tochter eines angesehenen Clanführers. Als dieser stirbt, scheint sie nicht mehr wert zu sein, als Dreck, doch dann bekommt sie die Chance, eine würdige Nachfolgerin ihres Vaters zu werden.

Gerade die beiden längeren Geschichten wissen zu überzeugen. „Die Belagerung von Paris“ zeigt die schmutzigen Seiten des Krieges und wie Männer damit umgehen, die zur Lösung ihrer Probleme nicht immer nur das Schwert einsetzen. Aber auch sie sind tief in ihrer Kultur verwurzelt und hadern damit, wenn etwas nicht so läuft, wie sie es sich erhofft haben. „Das Mädchen im Eis“ ist eine besonders tragische Geschichte. Der alte Mann, der sein Herz wieder entdeckt, muss teuer dafür bezahlen, denn schließlich hält man ihn für den Mörder des Kindes. Allerdings ist die Wahrheit eine andere. Doch wer möchte diese schon von Angesicht zu Angesicht hören? Ähnlich düster sind auch „Die Jagd“ und „Thors Tochter“, wenngleich auch viel zu kurz, um mehr als eine Stimmung zu erzeugen. Die Geschichten kommen in diesem Fall nicht richtig in Gang, sie lösen nur Gefühle von Verlorenheit und Verbitterung auf der einen und Entschlossenheit wie auch Schicksalsergebenheit auf der anderen Seite aus.

Die Serie bleibt ihrem Anspruch treu, facettenreiche Geschichten um die Nordländer zu erzählen, die in sich geschlossen sind. Allerdings wird in diesem Band die Tragödie einmal zu viel bemüht; letztendlich sind sich drei Geschichten von der Atmosphäre her sehr ähnlich und es deprimiert den Leser durchaus, wenn es nicht einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt.

Der sechste Band von „Northlanders“ erzählt wieder sehr solide Geschichten, die aber nicht ganz an die der früheren Geschichten herankommen und sich langsam zu wiederholen beginnen, da es letztendlich immer nur um die harte Welt des Überlebens geht, in der die Männer und Frauen nicht einen kleinen Fehler machen dürfen und letztendlich an sich selbst denken müssen. Es bleibt zu hoffen, das weitere Geschichten auch einmal etwas Abwechslung von dem düsteren Einerlei bieten werden, denn das Konzept ist an sich nicht schlecht und bietet etwas andere Abenteuer als in vergleichbaren Serien.