Perry Rhodan: Meister der Insel – Extended: Das Andromeda-Backup, M. Pfrommer & K. Kobler (Buch)

Perry Rhodan: Meister der Insel – Extended
Das Andromeda-Backup
Michael Pfrommer & Kurt Kobler
Titelgestaltung von Norbert Mertens/Joe Kutzner unter Verwendung einer Illustration von Raimund Peter
Illustrationen von Raimund Peter/Joe Kutzner
Terranischer Club Eden, 2012, Paperback, 184 Seiten, 7,50 EUR

Von Thomas Harbach

Nach „Geheimoperation Onager” und „Geleitzug nach Andromeda” initiiert Kurt Kobler diesmal zusammen mit Michael Pfrommer einen dritten Fanroman, wobei zum zweiten Mal der „MDI”-Zyklus das den Plot umgebende Gerüst bildet. Es ist allerdings keine Fortsetzung zu „Geleitzug nach Andromeda”, in dem sich die Autoren um die Versorgung der Truppe in der fernen Andromeda Galaxis gekümmert haben, dieses Mal spielt der Roman während der letzten „Tage” der MDI, als die Meister der Insel bis auf Faktor II und I besiegt worden waren.

Der 1954 geborene und in Fürth lebende Michael Pfrommer hat als Archäologe schon seit einigen Jahren erst Kinderbücher mit Fantasy-Elementen, dann einen Thriller mit SF-Bezügen geschrieben. „Perry Rhodan“ hat er während seiner Teenagerjahre gelesen, „Das Andromeda Back-Up” ist somit in doppelter Hinsicht ein Debüt: einmal im SF-Genre und zweitens als „Perry Rhodan“-Roman. Der Illustrator Raimund Peter hat schon die ersten beiden Fanromane der illustriert.

Die Superfestung Tamanium ist die Zentralwelt der MDI. Faktor II ist für die Verteidigung dieses Schlüsselplaneten zuständig. Als die Terraner zusammen mit den Maakh die Verteidigungsanlagen zu überrennen drohen und Faktor II auch nicht vor den irdischen Telepathen sicher ist, wird ein paranoider Verzweifelungsplan entwickelt. Erweckt werden fünftausend altlemurische Wissenschaftler, welche für den Aufstieg der MDI vor über zwanzigtausend Jahren verantwortlich gewesen sind. Der Erweckungsprozess verläuft aber zu schnell und die Wissenschaftler werden wahnsinnig. Mit diesem Erweckungsprozess beginnt auch der Fan-Roman. Unter den fünftausend Lemurern befindet sich Ron Fox, ein Mensch. Während der Vorbereitungen zum ersten Flug der STARDUST zum Mond ist Fox von der Erde entführt worden. Als Archäologe hat er sich während seiner Ausgrabungen in Russland einen signifikanten, aber auch streitbaren Ruf erworben. Der Arkonide Atlan in einer seiner zahlreichen „Verkleidungen” sah in ihm einen hartnäckigen Konkurrenten um verschiedene Ausgrabungen. Atlan war auch zugegen, als Ron Fox nachts von einem überirdisch scheinenden Licht entführt wurde. Ron Fox gerät in die Auseinandersetzungen der wahnsinnig gewordenen und sich selbst tötenden Wissenschaftler. Zumindest scheint er aber schon über wichtige Informationen verfügt zu haben, bevor man ihn in den Tanks eingefroren hat. Er konnte sich selbst noch eine Botschaft schreiben, welcher er eine wichtige Diskette beigefügt hat. Durch einen Zufall rettet er das Leben einer „Amazone”, die sich als künstlich produzierte Gespielin von Faktor II herausstellt. Fox nennt die attraktive Frau Syntha. Gemeinsam versuchen sie in dem Chaos der zum Untergang verdammten Festung zu überleben. Während Fox um sein Überleben kämpft, fängt die Flotte mit Perry Rhodan an der Spitze seltsame Botschaften aus der Festung auf. Hier zeichnet sich mit Leutnant James Fox ein auf den ersten Blick Namensvetter aus, dessen immer stärker werdende Visionen wichtige Schlüssel zur Eroberung der Festung beinhalten.

Im Gegensatz insbesondere zum „Geleitzug nach Andromeda“ ist der vorliegende Fan-Roman ein plottechnisch ambitioniertes Projekt, das keine Nebengeschichte zur markanten „MDI“-Zyklus beisteuern soll, sondern die potentiellen „Lücken“ Scheers ausnutzt, um eine eigene interessante, wenn auch manchmal stark konstruierte Variation und Erweiterung der Ereignisse zu präsentieren.

Auffallende Schwäche ist die stilistische Ambivalenz. Da passt nicht jeder Dialog, manche Beschreibungen wirken zu flapsig und an einigen Stellen ist der Stil nicht „Perry Rhodan“ angemessen. Damit soll nicht ausgedrückt werden, dass der Roman von Michael Pfrommer und Kurt Kobler schlecht geschrieben ist. Ihm fehlt an einigen Stellen ein wenig Fingerspitzengefühl. Auffallend ist auch die Strukturierung. Während der Roman-Auftakt sehr rasant ist und den Leser zusammen mit seiner potentiellen Identifikationsfigur Ron Fox positiv mitten in das Geschehen wirft, hängt der Roman im Mittelteil ein wenig durch. Auch hier passiert eine Menge, aber die Konzentration auf manchmal ein wenig ermüdend geschriebene Action-Szenen nach dem interessanten Auftakt nimmt der Handlung den Schwung. Im letzten Drittel überschlagen sich notwendigerweise die Ereignisse, wenn die Autoren die Identitäten verschiedener Protagonisten vergleichbar Zwiebeln im wahrsten Sinne des Wortes abschälen und interessante, eng mit dem Zyklus Scheers verbundene Erkenntnisse präsentieren. Der finale Showdown geht vielleicht ein wenig zu glatt über die Bühne und ist mit einem von „History“ mitgerissenen deutschen Tiger Panzer vielleicht auch ein wenig ins unfreiwillig Komische überzogen. Die Schwierigkeit der Autoren, nicht zu sehr vom „Perry Rhodan“-Konzept abzuweichen, zeigt sich in den letzten Szenen, wo erstens zu stark in Bezug auf die später noch detaillierter zu besprechenden guten Ideen abgewichen wird und zweitens wie in der Originalserie alles im Grunde zu schnell und mit zu vielen etwas klischeehaften Lobeshymen auf die demokratischen und deswegen progressiven Terraner im Vergleich zu den Stillstand bedeutenden MDI-Diktatoren vorbei ist.

Die Idee eines Backup-Plans der MDI in Bezug auf ihre mögliche Ausrottung ist faszinierend. Kurt Kobler und Michael Prommer gehen davon aus, dass es zumindest einen vierzehnten MDI gegeben hat, der im Hintergrund agierend die Herrschaft seiner Mit-Diktatoren hätte beenden können. Die Idee einer doppelten Kontrolle totalitärer Herrschaft, die auch nach dem Tod des entsprechenden im Hintergrund agierenden Meisters nicht ausgeschaltet werden kann, wird von den Autoren sehr überzeugend dargelegt, aber handlungstechnisch im späteren Verlauf nicht annähernd umgesetzt. Mit dem nur vordergründig willfährigen Lesaron hat man einen subjektiven, nicht vertrauenswürdigen „Botschafter“ in die Handlung eingebaut, der Ron Fox und sein späteres Alter Ego sowie die ausbaufähige Synthia am Gegenband herumführt und ihnen stellvertretend für die Leser nur die notwendigsten Informationen präsentiert. Diese Vorgehensweise erhöht in entscheidenden Bereichen ohne Frage die Spannung, setzt die Autoren aber auch unter Druck, die zahlreichen roten Fäden zufriedenstellend abzuschließen. Hier wäre ohne Frage weniger mehr gewesen, denn insbesondere der doppelte Fox, die ambivalente Synthia und schließlich das Verhältnis der einzelnen Figuren in früheren Inkarnationen gegenüber wird, höflich gesprochen, unnötig kompliziert. Es liest sich alles ausgesprochen unterhaltsam, aber weniger wäre mehr gewesen. Nicht jeder Protagonist muss – vom Fußvolk und den in diesem Fall eher außen stehenden Betrachtern wie Gucky, Perry Rhodan, Atlan oder Ras Tschubai abgesehen – so viel Bedeutung haben. Die Charakterisierung der Figuren ist nicht immer emotional genug. Angesichts der insbesondere auf die beiden Fox’ einstürmenden Ereignisse, die wie sich später herausstellt Teil eines größeren, komplexen wie komplizierten Plans sind, hätten die handelnden Figuren noch etwas dreidimensionaler beschrieben werden können. Nicht selten wirken sie eher wie Staffage und die zahlreichen sexuellen Anspielungen weniger erotisch als mechanisch notwendig in die laufende Handlung integriert.

Neben der soliden Ausgangsidee überzeugen aber auch die vielen kleinen Details. Den Autoren gelingt es, den Geschichtsplaneten ohne die Glaubwürdigkeit über zu strapazieren, zum Leben zu erwecken. In der Originalserie kam dieser Planet aufgrund der Rücksichtslosigkeit der MDI ein wenig zu kurz. Wie schon angesprochen überzeugt die Idee der Entführungen als Grundlage des UFO-Mythos’ heute noch weniger als in den 60er Jahren, als Scheer die Exposés schrieb. Die Autoren können und müssen aber mit dem Material arbeiten, das ihnen die Serie in diesem handlungstechnisch relevanten Abschnitt anbietet; und sie machen das Beste daraus.

Zusammengefasst ein anspruchsvoller, mit viel Herzblut geschriebener Fan-Roman, der trotz der angesprochenen eher kleineren Schwächen überzeugt und solide unterhält, wobei Raimund Peters Titelbild ein wenig zu sehr nach Computergraphik ausschaut und sein fliegender Tiger Panzer ein wenig zu klobig ist.