Gruselkabinett 65: Gesellschafterin gesucht!, Mary Elizabeth Braddon (Hörspiel)

Mary Elizabeth Braddon & Mark Gruppe (Script)
Gesellschafterin gesucht!
Gruselkabinett 65
Sprecher: Christian Wolff, Julia Stoepel, Susanne Tremper u.a.
Titania Medien, 2012, 1 CD, ca. 72 Minuten, ca. 8,99 EUR, ISBN 978-3-7857-4642-4

Von Christel Scheja

Noch heute ist das Schicksal junger Gesellschafterinnen ein gerne gewähltes Thema der historischen Schicksalsromane aus dem 19. Jahrhundert und dabei darf es dann gerne einmal gruslig zugehen. Damit stehen die modernen Autoren in der Tradition von Schriftstellerinnen wie Mary Elizabeth Braddon (1837-1915) nach deren Geschichte „Good Lady Ducayne“ das vorliegende Hörspiel „Gesellschafterin gesucht!“ gestaltet wurde.

Die junge Bella Rolleston ist in Not, denn sie weiß nicht mehr, wie sie das Auskommen für sich und ihre Mutter sichern soll. So wendet sie sich in ihrer Verzweiflung an die Agentur von Miss Torpinter, um sich als Gesellschafterin an eine reiche Dame vermitteln zu lassen. Allerdings besteht nicht sehr viel Hoffnung, da Bella keine besondere Ausbildung hat und kaum etwas an Fähigkeiten vorzuweisen. Doch das Glück ist ihr hold, denn die greise Lady Ducayne pfeift auf Referenzen und nimmt Bella in ihren Dienst. Das Mädchen kann ihr Glück kaum fassen, denn mit dem Geld kann ihre Mutter gut leben – und sie selbst braucht ja nicht viel. Außerdem ist der Dienst sehr leicht und sie hat viel freie Zeit. Allerdings scheint sie das Klima in Italien, das sie mit der Lady besucht, nicht so gut zu vertragen, denn ihre Gesundheit verschlechtert sich zusehends. Das fällt auch dem Geschwisterpaar Stafford auf, mit dem sie sich in dem Ferienort angefreundet hat. Da der junge Mediziner Dr. Herbert Stafford von Bella verzaubert ist, beschließt er der Sache kurzerhand nachzugehen...

Wenn man einmal von den phantastischen Methoden zur Lebensverlängerung absieht, die so einfach nicht funktionieren können, gibt es keine übernatürlichen Elemente in dem Hörspiel. Dennoch passt es sehr gut in die „Gruselkabinett“-Reihe, da es die Grenzfälle zum romantischen Schicksalsroman abdeckt. Eine ganze Zeit ist man auch geneigt zu glauben, dass die Lady eine Vampirin oder so etwas ist, denn dass sie an Bellas Problemen Schuld hat, ist nicht zu übersehen. Die Handlung ist spannend aufgebaut, die Visionen der jungen Frau sorgen für den notwendigen Grusel. Action und Gewalt sollte man aber nicht erwarten, auch die Auflösung geschieht eher verbal als mit der Faust.

Wieder wird die Geschichte von den Sprechern getragen. Julia Stoepel fängt die naive Unschuld der Bella Rolleston gelungen ein, Ingrid van Bergen verkörpert mit Recht die zwielichtige Lady, deren Stimme immer etwas Lauerndes hat, auch wenn sie freundlich wirkt.

Die Musik ist an die der alten Gruselfilme angelehnt, was nicht von ungefähr bestimmte Assoziationen weckt. Alles in allem stimmt die Atmosphäre des Hörspiels von vorne bis hinten, auch wenn die Geschehnisse im Vergleich zu anderen Geschichten denkbar harmlos sind.

Das aber sorgt für Abwechslung in der „Gruselkabinett“-Reihe – denn „Gesellschafterin gesucht!“ erinnert daran, dass auch die Gaslicht-Romane die Schauerliteratur des letzten und vorletzten Jahrhunderts geprägt haben und ebenso dazu gehören wie handfeste Action-Abenteuer.