Heitz, Markus: Gerechter Zorn – Die Legenden der Albae 1 (Buch)

Markus Heitz
Gerechter Zorn
Die Legenden der Albae 1
Titelillustration von Maximilian Meinzold
Piper, 2009, Paperback, 584 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-492-70154-9

Von Britta van den Boom

Unsterblich, wunderschön und grausam sind die Albae. Deren Volk lebt in der ebenso kunstvollen wie morbiden Stadt Dsôn Faimon in einem sternenförmigen Krater und hat sich von der barbarischen Welt außerhalb zurückgezogen.
Doch zwei Fraktionen in der Gesellschaft der Albae sind sich uneins, wie die Zukunft ihres Volkes aussehen soll: Liegt ihr Überleben darin, die Verteidigung der Stadt zu verbessern und auszuharren oder in der Eroberung des Landes und der Unterjochung der Menschen, Orks und anderen Völker, die eine potentielle Bedrohung darstellen könnten?

Die beiden verfeindeten Krieger Caphalor und Sinthoras gehören jeweils einer dieser Fraktionen an und könnten unterschiedlicher nicht sein. Und so scheint ihre Expedition, die sie im Auftrag des gottgleichen Geschwister-Herrscherpaares unternehmen, unter einem schlechten Stern zu stehen. Sie sollen einen Dämon als Verbündeten gewinnen, um die Macht der Albae zu sichern und es ihnen zu ermöglichen, das Tor zum Reich der Zwerge aufzubrechen und somit in die Geborgenen Lande zu gelangen, um ihre alten Feinde, die Elfen, anzugreifen.
Sinthoras, der selbst nach den Maßstäben seines Volkes als grausam gilt, der ehrenhafte Capahlor und die blinde Menschensklavin Raleeha begeben sich auf die Reise durch Ishím Voróo, wo es keinen Mangel gibt an Gefahren und Gegnern, an gefährlichen Verwicklungen und geheimnisvollen Begegnungen. Doch am Ende der Reise ist sich niemand sicher, ob es nun ein Erfolg war – oder nichts anderes als der erste Schritt in eine Katastrophe, die das Volk der Albae in den Untergang führen wird, und mit ihm ganz Ishím Voróo. Denn die Albae ziehen mit ihren verbündeten Völkern in den Krieg – und zumindest einer von ihnen ist machtvoller, als für die Unsterblichen gut sein kann.

Markus Heitz stellt in seinem Buch das Volk der Albae facettenreich und ausführlich dar. Sie sind eine kunstvolle – ja, zuweilen auch künstliche – Rasse mit einer Faszination für den Tod, die jeden Bereich ihrer Kultur berührt. Von allen Völkern als tödlich und grausam angesehen, gibt es bei ihnen zwar auch ›gute‹ Eigenschaften, doch die bleiben höchstens anderen Albae vorbehalten.
Heitz’ Protagonisten handeln im Grunde nur auf der Basis von zwei Gefühlen: Begierde und Hass, und das bezieht sich nicht nur auf die Albae sondern auch auf fast all jene, die ihren Weg kreuzen. Dabei wandelt der Autor gelegentlich auf dem schmalen Grat zwischen eindringlicher und handlungsrelevanter Szenenbeschreibung und Effekthascherei, gerade wenn es um die Faszination – und deren Folgen – geht, die die Albae auf ihre menschlichen Begleiterinnen ausüben; zuweilen scheint er hier beinahe das Genre zu wechseln.
Die lange Reise und Suche, die den ersten Teil des Buches bestimmt, endet in dessen Mitte etwas abrupt und macht mit den Kriegsvorbereitungen einem neuen Handlungsschwerpunkt Platz. Obwohl beide Teile durch Personen und Ereignisse verknüpft sind, ist es doch ein spürbarer Bruch, mit dem man sich in dem ansonsten sehr gut und flüssig zu lesenden Werk erst einmal arrangieren muss.
Das Ende von »Gerechter Zorn« ist, wie heute üblich, trotz des großen Umfanges des Buches nicht wirklich das Ende der Geschichte von Caphalor und Sinthoras, sondern lässt den Leser mitten in dem Kriegszug zurück, mit Verweis auf »Die Zwerge«, in der die Fortsetzung des Geschehens aus anderer Perspektive zu finden ist. Für all jene, die den Kampf der Unterirdischen gegen die Eroberer genossen haben, wird es sicherlich spannend sein, in dem Buch der Albae zu lesen, wie es zu allem kam.
Es gibt jedoch auch plakative Aspekte, die das ansonsten sehr unterhaltsame Buch stellenweise etwas zu klischeehaft machen. Die unglaubliche Schönheit der Albae erscheint einem irgendwann leer – gerade weil Schönheit etwas für alle Leute und Völker Relatives sein müsste ,- und die wiederholte Beschreibung der kämpferischen Überlegenheit der Hauptfiguren macht die recht zahlreichen Kampfszenen trotz einer abwechslungsreichen Schreibweise wenig spannend. Auch die Versessenheit der Albae, aus allem, was irgendwie tot ist, Kunst anzufertigen, verliert durch Wiederholung seinen Reiz und ist entweder ein Kunstgriff, um die fast schon degenerative Dekadenz der Unsterblichen darzustellen, oder einfach ein zu oft benutztes Versatzstück.
Demnach ist »Die Legenden der Albae – Gerechter Zorn« ein gut geschriebener, sehr gut zu lesender und unterhaltsamer Teil aus der Welt von Markus Heitz, jedoch auch mit Anflügen von Erzwungenheit, die den Lesegenuss hier und dort etwas trüben.