Roberts, Aileen P.: Die Zeit der Sieben – Thondras Kinder 1 (Buch)

Aileen P. Roberts
Die Zeit der Sieben
Thondras Kinder 1
Goldmann, 2009, Paperback, 608 Seiten, 12,00 EUR, ISBN 978-3-442-47057-0

Von Thomas Folgmann

Seit Jahrhunderten werden immer wieder sieben Menschen vom Kriegsgott Thondra auserwählt. Diesen Sieben ist es gegeben, die Welt zu retten. Allerdings ist ihnen dies noch nie ganz gelungen, das Böse ist immer wieder auferstanden und erstarkt.
Jahr um Jahr reisen Sucher sowohl der ›Guten‹ um den Zauberer Hawionn aus Camasann als auch der ›Bösen‹ um König Scurr, in dem der böse Geist des Zauberers Kââr wiedergeboren sein soll, durch die Lande. Sie sind auf der Suche nach Kindern und Jugendlichen, die besondere Fähigkeiten im Kampf aufweisen. Diese Kinder werden dann auf die jeweiligen Schulen gebracht und dort bis zu ihrem siebzehnten Lebensjahr ausgebildet. Erst dann kann sich zeigen, ob sie zu den auserwählten Sieben gehören.

Auf dem Weg nach Camasann wird ein Wagen mit noch ungeprüften Kindern von Scurrs Kriegern überfallen, und seine Insassen werden nach Ursann gebracht, wo sie gebrochen, geschliffen und zu unbarmherzigen Kampfmaschinen herangezogen werden. Insbesondere ein Steppenjunge, Ariac, wird hart gefordert, lässt sich aber lange nicht brechen. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit der kleinen Rijana, mit der er sich angefreundet und die er vor den bösen Kriegern versteckt hatte, hält ihn aufrecht.
Rijana wiederum wird schlussendlich auf die Insel Camasann gebracht und erhält dort mit vielen anderen zusammen eine umfassende Ausbildung in einem freundlichen und freundschaftlichen Rahmen.

Leider wird dieser Rahmen aber viel zu wenig ausgefüllt. Anfangs hofft man noch darauf, dass sich die verschiedenen Charaktere – acht Freunde finden sich unter all den Jugendlichen und Kindern zusammen und bestehen die Ausbildung gemeinsam – aneinanderreiben, gemeinsam wachsen und lernen. Doch von Kapitel zu Kapitel passiert in diesem ersten Teil, der Ausbildung, recht wenig. Auf Camasann ist man meist froh, hat viel zu Essen und lässt es sich gutgehen.
Im Kontrast dazu lebt Ariac in Ursann ein Hundeleben, bekommt wenig zu Essen, und nur seine Ausdauer, seine schon vor der Verschleppung erlangte Zähigkeit hält ihn am Leben. Letztlich will der König natürlich auch testen, ob der Junge nicht eventuell ein Auserwählter und damit brauchbar sein könnte. Auch ein Grund dafür, dass Ariac überlebt, obwohl er dem Ausbilder immer ein Dorn im Auge ist.
Spannung hätte aufkommen können, als man Ariac zu überlisten versucht, ihm einen vermeintlichen Freund an die Seite stellt, der ihn aber dann doch nur verrät. Das alles wird in wenigen Sätzen abgehandelt, und schon geht es auch wieder nach Camasann, wo es gutes Essen gibt.
Natürlich finden sich auch Ränkeschmiede, und der Leser bekommt mit, dass auf Camasann und im Reich der vermeintlich Guten überhaupt nicht alles Gold ist, was glänzt. Insbesondere nachdem die sieben Gefährten gefunden beziehungsweise sich beim jährlichen Test gezeigt haben, wird dies im Verhalten des Königs Greedeon deutlich, der die Krieger bei sich behalten und zu seinen Zwecken einsetzen will.
Ariac, der siebte der Sieben, stößt letztlich auch zur Gruppe, wird allerdings nicht wirklich als Mitglied anerkannt. Nur Rijanna hält zu ihm, und dann beginnt auch der Teil der Buches, der richtig Spaß macht und flott geschrieben ist.
Bis dahin beherrschte ein eher holpriger Stil die Erzählung, inhaltlich springt man von hier nach da, und es wird keine Nähe zu den Figuren aufgebaut. Die Hauptcharaktere entwickeln sich nicht wirklich weiter, außer dass sie Beziehungen aufbauen und sich, im Falle der Männer, Bärte wachsen lassen. Ariac, der sich mit Rijanna auf die Suche nach seinem Volk in seine Heimat, die Steppe, aufmacht, wird auf die Dauer zu stereotyp dargestellt. Gerade im Hinblick auf Rijanna, mit der ihn mehr als nur Freundschaft verbindet, hätte sich gerade diese Figur weiter entwickeln können.
Doch letztlich bleibt die Reise in die Steppe, die Suche nach Ariacs Stamm und das langsame Zusammenwachsen mit Rijanna ein unterhaltsamer und teilweise auch spannender Teil des Romans. Zu vorhersehbar bleibt zwar die Bewältigung der einen oder anderen ›Gefahr‹, zu unvermittelt erinnert meist Rijanna sich an Unterrichtsstunden und Themen, die ihnen genau im rechten Moment helfen, ungewisse Situationen zu einem für sie guten Ende zu bekommen. Außerdem sind beide hervorragende Kämpfer und können es, kommt es doch mal zu einer direkten Konfrontation, mit mehreren Gegnern locker aufnehmen. Aber insgesamt geht es in diesem Teil flott voran, man hat als Leser das Gefühl, eine gewisse Entwicklung miterleben zu können, ohne das wieder Jahre übersprungen werden. Und die Schilderungen von Reise und Landschaft legen nahe, dass auch der Autorin dieser Teil am Herzen lag.
Wenn es allerdings drei Tage regnet (und es regnet viel, wenn die Helden unterwegs sind!) und dann der Himmel aufzureißen scheint, scheint es dem Leser nicht ratsam, die Kleidung zum Trocknen aufzuhängen. Die Helden tun es, reiten weiter, und prompt regnet es wieder ... oder doch immer noch?
Zudem bleiben die restlichen fünf der sieben Krieger Thondras eher flach gezeichnet und tragen wenig zum Fortgang der Geschichte bei. Ein Verliebter, der aus Eifersucht unüberlegt handelt und dann nicht zu seinem Handeln steht, bildet die Ausnahme, zeigt aber auch sonst keine Ecken oder Kanten, die (s)einen Charakter hervorhöben.
Dass weder im Klappentext noch in den biografischen Notizen zu lesen ist, dass es sich um einen ersten Teil handelt und die Geschichte somit nicht auf den hier vorliegenden sechshundert Seiten beendet wird, ist ein grobes Manko. Mittlerweile gibt es den zweiten und wohl auch abschließenden Teil der Saga, aber der Hinweis auf eine Fortsetzung hätte schon auf das erste Buch gehört.

Insgesamt hat Claudia Lössl a. k. a. Aileen P. Roberts mit »Thondras Kinder« die Fantasy nicht neu erfunden, aber eine alte Idee in ein nettes Gewand gekleidet. Als Beiwerk gibt es auch Elfen, Orks, Zwerge und Finstergnome; sie dienen aber eher dem Hintergrund als der eigentlichen Geschichte. Das eine oder andere Mal hätte man ihr einen kritischeren Lektor gewünscht, denn der Stil ist anfangs recht gewöhnungsbedürftig.
Hat man sich einmal eingelesen, geht es – manchmal zu – flott voran, und wenn in dem abschließenden zweiten Band, die Figuren etwas ausführlicher gezeichnet und dargestellt werden, ist die Lektüre der Geschichte ein durchaus lesenswerter Zeitvertreib.