Amanda Hocking: Verführung – Unter dem Vampirmond 2 (Buch)

Amanda Hocking
Verführung
Unter dem Vampirmond 2
(Fate, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Anne Emmert
Titelgestaltung von bürosüd° unter Verwendung eines Motivs von Birgit Gitschier
cbt, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 320 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-570-16136-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Alice hat sich entschieden: Sie verzichtet auf die Unsterblichkeit, die ihr die Vampire anbieten, um noch ein wenig bei ihrem Bruder Milo bleiben zu können. Darum trifft es sie umso härter, dass aufgrund eines Unfalls Milo gewandelt werden muss, und sie selber auf sicherer Distanz gehalten wird und warten soll, bis sich der junge Vampir charakterlich gefestigt hat – denn das bedeutet, Jack, dem ihr Herz gehört, kaum noch zu sehen.

Notgedrungen beißt Alice in den sauren Apfel, doch die wenigen Augenblicke, die sie mit Jack verbringen darf, genießen beide. Ein solcher Moment führt das Paar und Milo in eine Vampir-Disco, was sich als sehr verhängnisvoll erweisen soll, denn Lucian und Violet sind auf Alice‘ Blut aus und lauern ihr auch bei anderen Gelegenheiten auf. Glücklicherweise können Milo und Jane, eine Freundin und Mitschülerin von Alice, das Schlimmste verhindern. Der Preis dafür ist jedoch Janes Blut und dass sie nun das Geheimnis kennt.

Aber es kommt noch schlimmer: Jack kann sich nicht länger beherrschen, trinkt von Alice und hinterlässt seine Spur. Zwar rettet Peter, Jacks Bruder, das ihm vom Schicksal bestimmte Mädchen, doch der Kampf zwischen ihnen ist unvermeidbar. In letzter Sekunde wagt Jack einen riskanten Schritt…

„Verführung“ macht an der Stelle weiter, an der „Versuchung“ endete – und das in exakt demselben Stil. Zwar ist Peter fort, doch nimmt seine Stelle der homosexuelle Milo ein, der als junger Vampir erst die Kontrolle über seinen Hunger und die Gefühle für Jack, der ihn wandelte, erlangen muss. Für Alice ist darum vorerst kein Platz im Wunderland, und prompt fühlt sie sich ausgeschlossen. Ihre Sehnsucht nach Jack und seine nach ihr bringen beide immer wieder in gefährliche Situationen, und irgendwann kommen Mae und Ezra zu spät: Jack hat Alice gebissen.

Dieser Umstand wird Peter, der seine Familie verließ, nachdem er Alice beinahe getötet hätte, nicht verborgen bleiben und zwangsläufig einen Kampf zur Folge haben. Aber eine andere Gefahr ist viel näher: Lucian und Violet wurden zufällig auf Alice aufmerksam. Sie wollen das Mädchen provozieren, jagen und aussaugen. Noch komplizierter wird die Angelegenheit, als Jane die Wahrheit erfährt. Seit sie von Milo gebissen wurde, begehrt sie ihn. Wird sie die Vampire verraten oder schweigen? Man wundert sich ein wenig, weshalb gerade Jane ein Problem sein soll, wo es doch so viele andere Menschen gibt, die das Geheimnis kennen und sogar freiwillig den Vampiren als ‚Bluthure’ dienen.

Die Vampir-Disco und Jane bringen etwas Spannung in eine Handlung, die ansonsten nur aus dem Beziehungsgedöns von Alice und Jack besteht (eine augenscheinliche Parallele zu „Twilight“). Dass Jack und Milo Alice den Gefahren aussetzen, die ihr inmitten einer größeren Zahl von Vampiren droht, kann man bloß als Fehler der Autorin ansehen, denn sie hätte sich auch etwas anderes als ein solch unlogisches Unternehmen einfallen lassen können, um ‚böse Vampire‘ und eine ‚Bedrohung von außen‘ einzuführen oder daran zu erinnern, dass Alice‘ Freunde kein Streichelzoo sind. Nebenbei erfährt man wieder ein wenig mehr über die Vampire made by Amand Hocking, doch wird das Rätsel nicht kleiner. Die Dreiecksbeziehung Peter-Alice-Jack ist ein Novum und sorgt immer wieder für Probleme. Dass sich Ezra und Mae auf Jacks Seite schlagen, wie Peter annimmt, merkt auch der Leser. Das macht die Geschehnisse letztlich vorhersehbar (ebenfalls eine Gemeinsamkeit mit „Twilight“), so dass sich die Autorin schon sehr anstrengen muss, um ihr Publikum in Zukunft zu überraschen, trotz Clifhanger.

Der zweite Band von „Unter dem Vampirmond“ untermauert den Eindruck, dass man es mit einem „Twilight“-Nachzieher zu tun hat. Die Beziehungen von Alice, Jack und Peter (Bella, Edward und Jacob) steht im Vordergrund und macht aus der Serie eine Romanze, die ohne Phantastik auch im Schüler-Milieu hätte spielen können. Spannung wird mühsam hinein getragen durch die Disco-Vampire und Jane (die Jäger, die italienischen Vampire etc.), aber nicht ausgeführt, da die Entwicklung bloß wieder das Beziehungsdrama vom Happy End abhalten soll.

Von daher möchte man die Reihe nur sehr jungen Lesern empfehlen, die eine ‚Nacherzählung‘ von „Twilight“ wünschen und die Handlung nicht hinterfragen, denn das reifere Publikum würde über den einen oder anderen Punkt, den man besser hätte machen können, stolpern (bei dem großen Vorbild „Twilight“ stolpert man auch …). Für „Twilight“-Fans ist sie Serie sehr interessant, doch möchte man mehr als eine ‚Kopie‘, können zumindest die ersten beiden Bände nicht überzeugen.