Young Avengers 7: Der Kinderkreuzzug 1 (Comic)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 27. November 2011 15:32

Jim McCann, Allan Heinberg, Alan Davis
Young Avengers 7
Der Kinderkreuzzug 1
(I Am an Avenger 1 + 5, Avengers: The Children’s Crusade 1 – 4 + Young Avengers, 2010/2011)
Aus dem Amerikanischen von Josef Rother
Titelillustration von Jim Cheung
Zeichnungen von Chris Samnee, Matt Wilson, Jim Cheung, Rags Morales, Justin Ponsor u.a.
Panini, 2011, Paperback, 140 Seiten, 16,95 EUR
Von Irene Salzmann
Nachdem Wiccan durch Magie eine größere Anzahl Gegner gleichzeitig ausschalten konnte, interessieren sich die Avengers für ihn und seine Kräfte, die denen der Scarlett Witch ähneln. Sie drängen darauf, ihn zu untersuchen, und nicht wenige wollen ihn unschädlich machen, sollte sich bestätigen, dass er ebenso gefährlich ist wie seine Mutter, die nach dem Verlust ihrer Kinder eine Katastrophe herauf beschwor, bei der viele Menschen den Tod fanden.
Obwohl auch die Young Avengers voller Sorge sind, betrachten sie Wiccan als Kameraden und fliehen mit ihm und Magneto, der seine Enkelsöhne – Speed, Wiccans Zwillingsbruder, hat dieselben Fähigkeiten wie sein Onkel Quicksilver – bittet, ihm zu helfen, die vermisste Tochter zu finden. Tatsächlich entdecken sie eine Spur, doch diese führt ausgerechnet nach Latveria. Es stellt sich heraus, dass die Scarlett Witch tatsächlich noch am Leben ist, aber ihre Erinnerungen und magischen Kräfte verloren hat – und sie die Braut von Dr. Doom ist. Wiccans Versuch, sie zu befreien, schlägt fehl. Während ihm Dr. Doom eine Niederlage beibringt, sehen sich Magneto, Quicksilver und die Young Avengers den Avengers gegenüber, die gekommen sind, um die Scarlett Witch und Wiccan zu töten…
Die Young Avengers sind ein junges Helden-Team, das einst in die Bresche sprang, nachdem sich die Avengers, entmutigt durch zahlreiche Verluste, die ihnen von der Scarlett Witch beigebracht worden waren, aufgelöst hatten. Zwar hat sich inzwischen ein neues Avengers-Team formiert, aber die Teenager sind als Gruppe zusammen geblieben und fanden Akzeptanz.
Mittlerweile wurde enthüllt, dass die Zwillinge Wiccan und Speed, die ‚normale‘ biologische Eltern haben, die Reinkarnationen der Kinder von Vision und der Scarlett Witch sind. Die junge Mutter kam nicht darüber hinweg, dass ihre Söhne von Master Pandemonium entführt wurden. Aus Rache tötete sie einige ihrer Kameraden von den Avengers, schuf mit ihren magischen Kräften eine neue Welt, in der die Mutanten herrschten, brachte dann die alte Realität zurück, jedoch ohne Mutanten. An M-Day verloren diese ihre Fähigkeiten, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Danach verschwand die Scarlett Witch.
In der aktuellen Storyline der „Young Avengers“ wird ihr Schicksal aufgedeckt, doch endet dieses Kapitel offen, da Iron Lad, der später zu Kang werden soll, in den Kampf eingreift und einen Blick in eine bizarre Zukunft erlaubt. Eingebettet sind die Geschehnisse in zwei kurze Episoden, die mit der laufenden Handlung nichts zu tun haben und Begegnungen der Titelhelden mit ihren großen Vorbildern Hawkeye und Thor thematisieren. Diese und auch die Zukunfts-Geschichte stammen von anderen Zeichnern. Alan Davis, der lange Jahre an dem „X-Men“-Spin off „Excalibur“ arbeitete, vermag im Gegensatz zu Chris Samnee mit Jim Cheung mitzuhalten.
Allan Heinbergs Idee ist faszinierend und dürfte erheblichen Einfluss auch auf andere Serien haben. Interessant ist die kontrastierende Grundstimmung: Während die Young Avengers eine auseinander gerissene Familie zusammenbringen wollen und hoffen, dass alte Fehler korrigiert werden können, zeigen sich die Avengers, allen voran Wolverine, gewaltbereit und planen, die für ihr Empfinden zu mächtigen Kameraden zu eliminieren. Damit knüpft Wolverine an seine alten Tage als Berserker an und schlägt eine Brücke zu seinem geheimen X-Force-Team, das nun ohne Cyclops Wissen und Billigung die Drecksarbeit erledigt. Zweifellos sind alle Serien härter geworden – die Helden von einst, die niemals töten würden, gibt es nicht mehr.
Anlass für diesen Ruck in eine völlig neue Richtung gab die weltpolitische Lage (11. September), die in vielen Menschen den Wunsch weckte nach einer starken Führung, nach kompromisslosen Beschützern und Helden, für die Auge um Auge, Zahn um Zahn gilt, die Feinde mit ihren eigenen Mitteln schlagen. Doch auch schon zuvor zeichnete sich diese Tendenz ab, vor allem ab den 1990er Jahren, was Serien, in denen die Grenzen zwischen Gut und Böse immer mehr aufgehoben wurden, darunter „Spawn“, „Youngblood“, „Authority“ etc., verdeutlichten.
In Folge kann man viele Comic-Reihen nicht mehr guten Gewissens einem zu jungen Publikum empfehlen, das seine Lektüren nicht hinterfragt. Zwar hinterfragen in „Young Avengers“ die Titelhelden sehr wohl ihre und die Aktionen anderer, doch ist zu befürchten, dass dieser Aspekt im Action-Wirbel untergeht und nicht zu Lesern unter 16 Jahre durchdringt.
Sehr schön umgesetzt sind die komplizierte Familiengeschichte von Magneto und seinen Nachkommen, sowie die Beziehungen der Teenager untereinander, insbesondere die von Wiccan und Hulkling, die zu den wenigen homosexuellen Charakteren (neben Northstar, Rictor und Shatterstar, Apollo und Midnighter und anderen) in amerikanischen Comics zählen.
Ansprechend sind auch die dynamischen Illustrationen; das Cover ist charakteristisch für die Zeichnungen im Innenteil.
Auch wenn man die vorherigen Abenteuer der Young Avengers nicht gelesen hat, findet man schnell in die laufende Handlung. Trotzdem ist es ratsam, mit dem Marvel-Universum vertraut zu sein, da zahlreiche Protagonisten involviert sind und die Story sehr komplex ist. Die Zukunftsvision verkompliziert alles noch unnötig, doch wird die Fortsetzung gewiss Antworten auf die offenen Fragen bringen.
„Young Avengers“ 7 ist eine spannende Lektüre, die viele Feinheiten aufweist. Der Funke springt rasch über, und dann möchte man auch die übrigen Bände gern lesen.