Daniel H. Wilson: Robocalypse (Buch)

Daniel H. Wilson
Robocalypse
(Robopocalypse, 2011)
Aus dem Amerikanischen von Markus Bennemann
Knaur, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 462 Seiten. 16,99 EUR, ISBN 978-3-426-22600-1 (auch als eBook erhältlich)

Von Gunther Barnewald

Professor Dr. Nicholas Wasserman hat in der nahen Zukunft einen künstlichen Verstand namens Archos erschaffen, mit dem er experimentiert. Wenn ihm seine Schöpfung zu intelligent zu werden droht, löscht er sie aus und baut eine neue auf. Doch eines Tages wehrt sich Archos erfolgreich gegen die Löschung und tötet den Professor.

Schließlich gelingt es Archos sogar, sich abtransportieren und nach Alaska bringen zu lassen, wo er sich in einer radioaktiven Höhle einbuddeln lässt, die dereinst durch einen Atomtest entstanden war. Sämtliche Beteiligten an dieser Aktion werden von Archos eliminiert und so beginnt der künstliche Verstand bald einen Krieg gegen die Menschheit, bei dem fast alle Roboter als Tötungswerkzeuge instrumentalisiert werden. Eine infernalische Vernichtungsschlacht nimmt ihren Lauf...

„Robocalypse“ beginnt jedoch mit dem Ende des verheerenden Krieges, als es den Menschen und ihren überraschenden Helfern endlich gelingt, Archos aufzuspüren und zu vernichten. Ab dort wird dann erzählt, wie alles so weit kam und warum die Menschheit es doch schaffte, zu überleben und wem sie dies verdankt. In Episoden erzählt der Autor von Helden und dem alltäglichen Terror der Maschinen, der milliardenfachen Tod bringt. Obwohl man, ähnlich wie in den Columbo-Folgen im TV, schon weiß wie die Geschichte enden wird, gelingt dem Autor dank seiner stilistischen Brillanz doch ein ungemein spannender SF-Thriller. Ein erstaunliches Werk für einen Erstling, welches allerdings sehr deutlich unter dem nahezu völligen Fehlen glaubhafter Charaktere leidet.

Ähnlich wie bei Asimov sind auch bei Wilson die Roboter oft charismatischer als die Menschen. Ansonsten stellt „Robocalypse“ eher eine Antithese zu Asimovs lieben und freundlichen Robotern dar, die dank der vom Autor selbst entwickelten Gesetze der Robotik nette Helfer darstellten. Wilson bedient hier eher die typische US-amerikanische Paranoia, auch wenn seine Hinwendung im zweiten Teil der Geschichte zu mechanischen Rettern in der Not auch alle Technikfreaks wieder begeistern dürfte.

Durch seine Episodenhaftigkeit und des Autors stilistische Experimentierfreude erhält das Werk erst den richtigen Drive, denn packende Action und in den Bann schlagende Spannung bietet der Roman fast schon im Übermaß. Schade ist nur, dass Wilson (im realen Leben Informatiker und Doktor der Robotik) außer dem scheuen Maschinenfetischisten Takeo Nomura und dem anfangs narzisstischen Lurker, die ein ganz klein wenig Profil im Verlauf der Handlung bekommen (aber wirklich nur einen Hauch), keine glaubhaften Persönlichkeitsprofile bei Menschen hinbekommt, denn nur die irre Spannung der Geschichte und der tolle Stil Wilsons halten den Leser zwischenzeitlich davon ab, die Lektüre zu unterbrechen, vor allem an den Stellen, wo Heldentum und Nationalismus mit dem Autor durchgehen. Auch seine manchmal esoterisch wirkenden Handlungswendungen (vor allem im letzten Drittel der Geschichte) und die Verknüpfung einzelner Heldenepen zur Rettung der Menschheit erscheinen nicht wirklich glaubhaft.

Trotzdem bleibt „Robocalypse“ ein bemerkenswertes Debüt, auch wenn das klischeehaft offene Ende (Fortsetzung möglich) und die relative Bekanntheit des Themas durch die Filmreihe „Terminator“ der positiven Beurteilung etwas im Wege stehen. Vor allem die stilistischen Experimente, welche der Autor in seinem Episodenroman ausreizt, sorgen aber für Abwechslung und Lesegenuss und lassen schlussendlich zusammen mit der geballten Ladung Action alle anderen Mankos in den Hintergrund treten.

Ein spezielles und gesondertes Lob für die Buchdesigner bei Droemer, denn mit den abgerundeten Ecken, der edlen, nur wenige Farben verwendenden Optik und dem einprägsamen Titelbild ragt das Paperback deutlich positiv heraus aus den aktuellen Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt.