Eva Völler: Zeitenzauber – Die magische Gondel 1 (Buch)

Eva Völler
Zeitenzauber
Die magische Gondel 1
Titelillustration von Johannes Wiebel
Baumhaus, 2011, Hardcover, 334 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-8339-0026-6 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Eigentlich sollte es für Anna nur ein weiterer von unzähligen langweiligen Ferienaufenthalten in Venedig, der Stadt der Gondeln und Kanäle, werden. Ihr Vater, ein berühmter Archäologe, macht vor Ort Ausgrabungen, ihre Mutter ist zu einem Kongress in der Stadt – und sie darf mal wieder Anhängsel spielen. Doch dann kommt alles anders, als befürchtet, und nur zu bald wünscht sich Anna die langweilige Normalität zurück.

Über eine magische rote Gondel wird die siebzehnjährige in die Vergangenheit versetzt. Plötzlich ist sie im Venedig des Jahres 1499 – komplett mit Nachttopf, Plumpsklo und hygienischen Zuständen, die zum Himmel schreien. Ein faszinierender junger Mann scheint mehr über das Warum und Wie ihrer Versetzung durch die Zeit zu wissen. Doch Sebastiano geht ihr aus dem Weg. Zunächst wird sie bei einer Kräuterfrau untergebracht, später wechselt sie in ein, allem Menschlichen überraschend aufgeschlossenes Kloster. Und sie lernt den Mann kennen, dessen Taten die Zukunft ändern würden, wenn man ihn nicht aufhält. Statt den Spaniern die Eroberung der Neuen Welt zu überlassen, so der Plan von Alvise, soll Venedig die Reichtümer des amerikanischen Kontinents für sich sichern. Alvise, selbst ein Zeitreisender weiß, dass nur zwei Menschen ihn aufhalten können – Sebastiano und Anna …

Einmal mehr dient die Stadt der Kanäle und Gondeln als Schauplatz für eine phantastische Serie. Nach Kai Meyers „Merle“-Trilogie und Mary Hoffmans „Stravaganza“-Reihe, um nur zwei der unzähligen Werke zu nennen, nutzt die Venedig-Kennerin Eva Völler die Stadt als Anker für ihren Roman. Dabei gelingt es ihr nicht nur mit leichter Hand, ihre Hauptpersonen (klar untergliedert in Held und Bösewicht) zu beschreiben, sondern so nebenbei viel Wissenswertes über die Stadt, deren Geschichte und die historischen Lebensumstände Ende des 15. Jahrhunderts einfließen zu lassen.

Anna ist dabei als typischer Jugendlicher gezeichnet. Sie hängt am iPod und Internet, interessiert sich weder für Geschichte noch Kultur, sondern ist zunächst nur genervt. Als Vater einer pubertären Tochter kann ich der Autorin hier höchste Akkuratesse bescheinigen. Richtig interessant wird es dann in der Vergangenheit. Hier, fernab von Dusche, Shampoo und Wasserklosetts muss sich unsere Protagonistin zunächst einmal vom „Kulturschock“ erholen, sich in die damaligen Lebensumstände einfinden, und ihre Wertevorstellungen überdenken. Frauen haben, so sie nicht als geachtete Kurtisanen arbeiten, kaum eigene Rechte, aufgrund der exorbitanten Mitgift werden alle Töchter außer der Erstgeborenen ins Kloster abgeschoben, Bücher sind finanzielle Schätze die sich kaum Jemand leisten kann – historische Tatsachen, die lebensecht und unterhaltsam den Plot prägen.

Natürlich steht das Abenteuer im Vordergrund, ahnen wir, wie es ausgehen wird. Dennoch gibt es viel Dramatik, ein paar vorsichtige Küsse und handgreifliche Auseinandersetzungen, bei denen auch Anna ihren Selbstverteidigungskurs gut gebrauchen kann. Nicht nur für Mädchen ein Buch, das sie an die Seiten fesseln wird, auch die Jungs werden genügend Dramatik und Geheimnisse finden, um sich spannend unterhalten zu lassen.