Alisha Bionda (Hrsg.): Sherlock Holmes – Der verwunschene Schädel / Das ungelöste Rätsel (Buch)

Alisha Bionda (Hrsg.)
Sherlock Holmes – Der verwunschene Schädel
Titelbild und Innenillustrationen von Crossvalley Smith
Voodoo Press, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 254 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-902802-04-0 (auch als eBook erhältlich)

Alisha Bionda (Hrsg.)
Sherlock Holmes – Das ungelöste Rätsel
Titelbild und Innenillustrationen von Crossvalley Smith
Voodoo Press, 2011, mit Klappenbroschur, 274 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-902802-05-7 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

„Elementar, mein lieber Watson“, diesen Spruch kennen und schätzen Holmes-Liebhaber auf der ganzen Welt. Was aber, wenn der Literaturgeschichte größter Detektiv auf etwas stoßen würde, das sich rational nicht erklären ließe? Würde der Mann mit der Meerschaumpfeife, dem Vergrößerungsglas und der eigenwilligen Kopfbedeckung bildlich gesprochen die Waffen strecken, oder würde er die Herausforderung annehmen und die Tat aufklären, wie wir dies von ihm gewohnt sind? Fragen, die sich auf Anforderung durch Alisha Bionda eine Reihe von Autoren gestellt und ebenso unterschiedlich wie unterhaltsam und überraschend beantwortet haben.

Wenn man das Unmögliche ausschließt, muss das, was am Ende übrigbleibt, die Wahrheit sein, egal wie unmöglich sie auch erscheinen mag – so, dass wissen alle, die bereits einmal die Bekanntschaft der Ermittler aus der Baker Street 221b gemacht haben, die Maxime von Holmes. Doch auch der Gentleman, der sein Leben der Deduktion und Verbrechensbekämpfung gewidmet hat, muss erkennen, dass es, um mit Shakespeare zu sprechen, mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, als man sich gemeinhin vorstellt.

Wie man es von Alisha Biondas Anthologien bereits gewohnt ist, hat sie nicht nur eine illustre Riege versierter Autoren um sich geschart, sondern auch dafür Sorge getragen, dass jeder Beitrag mit einer zum jeweiligen Inhalt passenden Illustration versehen wurde. Ganz bewusst hat Crossvalley Smith dabei die bekannten Holmes-Motive außen vor gelassen, und sich erfolgreich darum bemüht, sich der Stimmung und dem Inhalt des jeweiligen Beitrags anzunähern.

Inhaltlich wird ein bunter Reigen von Geschichten geboten. Dabei reicht die Palette von haitianischem Voodoo-Zauber über Geister bis hin zu einer Hommage an die Klassiker des Genres, Frankensteins Geschöpf und Dracula. Natürlich ist unser genialer Detektiv zu Beginn immer bemüht, logische Erklärungen für die phantastischen Vorkommnisse zu finden, nur zu oft aber muss er sich, nachdem alle rationalen Erklärungen geprüft und verworfen wurden, der Tatsache stellen, dass das Übernatürliche als einzige Erklärung übrig bleibt. Erstaunlich dabei, dass er sich dem Phantastischen öffnet, dass er, auch im Vergleich zu dem eher bodenständigen Doktor Watson, die Auseinandersetzung mit den übernatürlichen Wesen annimmt, sich nicht scheut, aktiv auf die phantastischen Gestalten zuzugehen und Konflikte auszutragen. Dabei bieten sich dem Leser nicht nur überraschende Wendungen sondern auch interessante Figuren und Schicksale an.

Wie gewohnt wird die Perspektive – Doktor Watson berichtet über die Ermittlungen Holmes’ – zumeist beibehalten. Lediglich ganz selten schlüpft einmal ein anderer in die Rolle der Hauptperson. Besonders auffällig ist hierbei einer der Beiträge aus der Feder Klaus-Peter Walters, dem es nicht nur gelingt, Watson als Protagonist mit Leben zu erfüllen, sondern dabei gleichzeitig – meines Wissens ein Novum – eine erotische Holmes/Watson-Geschichte zu verfassen.

Lediglich Christan Endres’ „Uhrwerk des Todes“ wurde bereits vorher einmal veröffentlicht, alle anderen Beiträge sind extra für die beiden Bände verfasst worden. Zwei sachkundige Essays aus der Feder der Holmes-Kenner Endres und Walter schließen dann die beiden gelungenen Titel ab.

Um was aber geht es?

Karl-Georg Müller „Das verbotene Buch von Columban“ entführt das ungleiche Ermittlerpaar und den Leser nach Dublin. Ein dunkles Werk eines längst verblichenen irischer Mönchs lockt nicht nur Holmes nach Irland, auch Freiheitskämpfer der grünen Insel wollen sich die arkanen Kräfte des Buches zu eigen machen.

In Erik Hausers „Sherlock Holmes und der verschwundene Fakir“ sucht einmal mehr Lestrade die Hilfe des genialen Detektivs. Ein Verbrecher ist aus dem sichersten Gefängnis Englands entflohen und nur eine alte chinesische Legende und unsere Spürnase können sich auf die erfolgreiche Flucht einen Reim machen

In Tanya Carpenters „Sherlock Holmes und die Eisprinzessin“ scheinen zwei ermordete Seelen den Weg in neue Körper gefunden zu haben. Vor Jahrhunderten wurde der Stein der Ewigkeit mit dem blauen Feuer aus Eis und Kälte, ein magisches Amulett, das Unsterblichkeit verleiht, entwendet. Doch weder der nicht alternde Mörder noch die Seele seines Opfers finden Ruhe.

Klaus-Peter Walters „Sherlock Holmes und das Geheimnis der Unsterblichkeit“ führt uns nach Arberija. Zusammen mit Doktor van Helsing versucht Dr Wazzon (kein Schreibfehler), seinen Freund vor dem Frankenstein-Schöpfer und den Vampiren zu bewahren.

Oliver Plaschkas „Der verwunschene Schädel“ berichtet davon, wie Holmes den aus dem Britischen Museum gestohlenen Schädel von Dutty Boukman, dem jamaikanischen Sklavenbefreier, in Haiti sucht. Er nimmt dabei die Hilfe der einzigen weißen Mambo in Anspruch. Im Haus eines Samedi, der die Ge-Rouge beschwören kann, kommt es zu einem denkwürdigen Spiel um den mächtigen Schädel...

Christian Endres berichtet Watson und dem Leser in „Der Fall der gebrochenen Achsen“ von einem besonders heimtückischen Plan der irischen Unabhängigkeitskämpfer, ihre Sache voranzubringen – Gremlins spielen dabei eine wichtige Rolle.

In Florian Hillebergs „Der Werwolf von Canterbury“ geht es um ein Familiendrama, in dem ein gewalttätiger englischer Lord, dessen Roma-Ehefrau und zwei Doggen eine wichtige Rolle spielen.

Melanie Stones „Sherlock Holmes und das schwarze Biest von Epping Forest“ lässt unseren Rationalisten an seinen Sinnen zweifeln – wird er doch von einem Dämon angefallen und in die Zwischenwelt versetzt.

In Barbara Büchner „Sherlock Holmes und der Kephalophagus“ treffen unsere beiden Ermittler im Haus eines jüngst verstorbenen Schriftsteller auf ein Elementarwesen, das das Animalische und Perverse in dem Kopf seiner Opfer weckt.

Guido Krain führt uns in „Der Gesichtslose“ in ein kleines Dorf, in dem ein vermeintlicher Dämon Menschen umbringt und ihrer Haut beraubt. Ob es sich bei dem Täter wirklich um ein übernatürliches Wesen handelt oder um die geschickte Verschleierung dürfen Sie selbst nachlesen.

Christoph Marzi eröffnet mit „Das ungelöste Rätsel“ den zweiten Reigen der Holmes-Geschichten, in der Professor Challenger dem findigen Ermittlerpaar ein Rätsel aufgibt, das auch sie nicht zu lösen imstande sind.

In Arthur Gordon Wolfs „Wheezy-Joe oder der dunkle Gott der Menge“ stellt ein Fluch den Meisterdetektiv vor ein Rätsel – doch, wie nicht anders zu erwarten, findet Holmes einmal mehr den Täter und beendet die Bedrohung.

Klaus-Peter Walters „Watson und die Frau aus dem Meer“ zeigt uns den just verwitweten Dr. Watson, der, um von seine Trübsal zu genesen, auf eine griechische Insel fährt. Hier lernt er nicht nur eine englische Emanze kennen und lieben, sondern, zu seinem Leidwesen, auch eine liebeshungrige Sirene...

In Aino Laos „Das Duplikat“ muss Holmes d Mord an einem Priester aufklären. Statt eines übernatürlichen Täters aber findet er den Mörder in dem Kreis der Geistlichen.

Sören Prescher führt unsere Ermittler in „Der verfluchte Mann“ in ein Dorf, in dem eine Reihe mysteriöser Todesfälle für Unruhe sorgt. Seit Generationen sind zwei Familien verfeindet – nun werden die Angehörigen einer der Sippen nach und nach getötet; Fluch oder Zufall?

Klaus-Peter Walters „Sherlock Holmes und der Orchideenzüchter“ berichtet uns von einem Wissenschaftler, der, um seine Mutter vor dem Irrenhaus zu retten, bereit ist, diese Jahrelang bei sich im Keller einzukerkern – der Grund für diese Behandlung aber liegt im Dunkeln...

Christian Endres’ „Sherlock Holmes und das Uhrwerk des Todes“ berichtet uns von einem wahrhaft perfiden Anschlag auf das Britische Empire. Die Zahnräder sollen künftig herrschen, und nur Holmes kann die mechanischen Golems aufhalten.

In Andrä Martynas „Die Kreatur von Eastchurch“ stößt Holmes auf eine Tentakelkreatur, deren Fähigkeiten, das Äußere ihrer menschlichen Opfer nachzubilden, ihn schon einmal beschäftigt hat. Auf der Erde aber ist kein Platz für Menschen und die Gestaltwandler – auch wenn letztere nur versuchen, ihre Spezies vor dem Aussterben zu retten.

Antja Ippensens „Charlys Welt und Sherlocks Beitrag“ zeigt uns Holmes in den Klauen des Traumstaubes gefangen. Als intelligente Katze durchstreift er auf der Suche nach Täter und Motiv eine zukünftige Realität...

In Klaus-Peter Walters Sherlock Holmes und der Arpaganthropos“ kehrt der Autor und seine Protagonisten nochmals in die griechische Ägäis zurück. Watson macht dabei die Bekanntschaft eines Wer-Hais und nur seine Freundschaft zu den Delphinen verhindert ein schlimmes Ende.

In Linda Budinger „Der stählerne Strahl“ geht eine ruhelose, alt-ägyptische Seele in London um. Nur mit Hilfe des jüngst verstorbenen Watson kann Holmes Schlimmes verhindern...