Michael Jensen: Zurück unter Mördern (Buch)

Michael Jensen
Zurück unter Mördern
Aufbau, 2025, Taschenbuch, 430 Seiten, 13,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Michael Jensen ist das Pseudonym eines im Norden Schleswig-Holstein geborenen Arztes, der seine Kriminalromane gerne in der Nachkriegszeit und den frühen Jahren der Bundesrepublik ansiedelt, wie seine Fälle für Jens Druwe. Dieser hat immerhin in „Zurück unter Mördern“ einen kurzen Auftritt.


Engagierter Jurist, desillusionierter Soldat - Henry Mahler hat nach Kriegsende nicht wirklich die Kurve gekriegt und trudelte in den letzten Jahren eher so durchs Leben. Da bekommt er aber durch einen Anwalt die Chance seines Lebens. Als Privatermittler soll er einen brisanten Fall übernehmen, der viel Staub aufwirbeln könnte.

Oswald Lassally ist nach langem Exil in Südamerika nach Deutschland zurückgekehrt, um in Hamburg wieder Fuß zu fassen und seinen Frieden zu finden. Er möchte in erster Linie wissen, ob der Tod seines Vaters wirklich ein Selbstmord war. Das herauszufinden ist Henrys Aufgabe, die sich schon bald als brandgefährlich erweist, denn alte Netzwerke aus der Nazi-Zeit sind unzerstört.


Die eigentliche Handlung spielt im Jahr 1950, also kurz nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Wie auch heute nicht mehr verschwiegen wird: Viele ehemalige Mitläufer und Anhänger der Nazis sind in hohen Positionen in Verwaltung und Justiz verblieben oder haben sich im Laufe des Dritten Reiches am Hab und Gut anderer bereichern können.

Der Autor stützt diesen Teil der Geschichte auf wahre Grundlagen, sind doch Oswald Lassally und seine Familie historische Personen. Damit ist all das, was dieser Mann erlebt, auch wahr, wurde nur in eine spannende Handlung verpackt, die in Rückblenden immer wieder aufbereitet, was Juden, aber auch Systemkritikern schon seit dem Anfang der 1930er Jahre blühte.

Das wird lebendig und glaubwürdig beschrieben, manche Details sind dabei auch noch erschreckend aktuell.

Henry Mahler ist die Figur, die alles zusammenhält. Traumatisiert und vom Leben enttäuscht beginnt er zunächst eher unwillig zu ermitteln, taut aber mehr und mehr durch das Beispiel von Oswald und seiner Frau Hertha auf, die sich von der Vergangenheit nicht länger niederdrücken lassen wollen.

Der Leser wird zudem mit unbequemen Wahrheiten konfrontiert, nicht nur was die Reichen und Mächtigen betrifft, die sich bereichert haben und jetzt natürlich wollen, dass das nicht ans Licht kommt, sondern auch das Denken, das immer noch nicht aus dem Kopf Vieler verschwunden ist. Zudem wird ein interessanter Blick auf die Gesellschaft Anfang der 50er Jahre geworfen, in der sich so Manches nicht verändert hat und vom Wirtschaftswunder noch lange nichts zu spüren ist.

Die Ermittlungen sind vielleicht nicht ausgefeilt und raffiniert, wissen die Handlung aber gut voranzubringen und am Ende die Geheimnisse zu lüften. Auch der Abschluss passt zur Geschichte.

Der Roman lebt vor allem durch die atmosphärische Schilderung des Lebens derer, die Anfang der 50er Jahre nicht auf die Sonnenseite gefallen sind, sondern immer noch mit allem kämpfen müssen. Der Ton ist rau, das Verhalten der Menschen oft grob, aber immer wieder zeigt sich auch, dass es genügend Leute gibt, die auch Herz und Verstand haben, selbst wenn sie sich nicht an die Gesetze halten.

Das macht „Zurück unter Mördern“ zu einem soliden Kriminalroman, der aber vor allem durch die interessanten Figuren, den Lokal- und den Zeitkolorit lebt, dabei auch noch einmal deutlich vor Augen führt, wie stark auch die ersten Jahre der Bundesrepublik noch von der Nazi-Zeit geprägt war. Und es werden Geheimnisse enthüllt, die heute gerne unter den Tisch gekehrt werden.