James Islington: The Strength of the Few - Hierarchy 2 (Buch)

James Islington
The Strength of the Few
Hierarchy 2
(The Strength of the Few, 2025)
Übersetzung: Gerda M. Pum
Titelbild: Jaime Jones
Adrian, 2025, Hardcover, 848 Seiten, 24,95 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Nachdem „The Will of the Many“ nach seinem triumphalen Siegeszug durch den angloamerikanischen Sprachraum auch hierzulande an den Kassen der Buchhandlungen punkten konnte, warteten Fans und Lesende gespannt auf den zweiten Teil der Trilogie. Der Adrian Verlag präsentiert diesen dankenswerterweise nur kurze Zeit nach der englischsprachigen Originalausgabe.

Mit diesem Roman gelingt es James Islington, seinen vielversprechenden Serien-Auftakt auf ein neues, höheres Niveau zu heben und die großen Erwartungen, die an die Fortsetzung geknüpft wurden, zu erfüllen.

Mit „The Will of the Many“ legte der Verfasser sinnbildlich einen soliden Grundstein, ein festes Fundament, auf dem er nun seinen ambitionierten, komplexen und emotional mitreißenden zweiten Teil errichtet.

Dabei nutzt er einen literarischen Kunstgriff, den ich zumindest bislang so noch nicht goutiert habe. Er macht aus einem Protagonisten durch Vervielfältigung gleich drei handelnde Figuren, die in unterschiedlichen Parallelwelten - Res, Obiteum und Luceum - ihr Schicksal suchen.

Uns Lesende zwingt der Autor so, drei Versionen desselben Handlungsträgers parallel zu begleiten, die jeweils vor ganz eigenen Herausforderungen und Prüfungen stehen, aber alle - unabhängig voneinander - ein gemeinsames Ziel verfolgen. Sie wollen, ohne von ihren anderen Selbst zu wissen, die Katastrophe verhindern, die allen Realitäten droht. Die damit verbundene fragmentarische Erzählstruktur fordert uns Leserinnen und Leser, macht die Lektüre stellenweise anstrengend, letztlich jedoch auch befriedigend.

Die drei Welten sind ganz unterschiedlich ausgeprägt. Res hält politische Intrigen, drohenden Bürgerkrieg und den Zerfall der einst mächtigen Republik bereit. Obiteum ist ein düsterer, karger, fast apokalyptisch wirkender Handlungsort, bevölkert von Untoten, fliegenden Dämonen und dem gottgleichen Führer Ka. Luceum wiederum präsentiert auf den ersten Blick nahezu paradiesisch anmutende Reiche, die von weisen Druiden geführt werden. Hier treffen keltische Stammes-Hierarchien auf monarchische Aggressoren.

Jede dieser Welten ist sorgfältig ausgearbeitet, in sich konsistent und erzählerisch bedeutsam.

Die Dreiteilung des Romans ist dessen größte Stärke, stellt aber zugleich eine Herausforderung für uns Lesende dar. Die ständigen Perspektivwechsel unterbrechen mitunter den Lesefluss, insbesondere im mittleren Drittel, in dem ausführliche Welterklärungen und metaphysische Konzepte das Tempo dann doch spürbar drosseln. Dennoch gelingt es Islington, jeden Handlungsstrang mit klaren Spannungsbögen, starken Höhepunkten und einem eigenen Highlight auszustatten. Das Ergebnis wirkt stellenweise wie drei Romane in einem.

Verpackt in eine mitreißende Handlung greift der Autor erneut Themen wie Macht, Verantwortung und moralische Kompromisse zur Verhinderung eines größeren Übels auf. Prinzipien und Überzeugungen werden hinterfragt und nicht selten aufgegeben, da andernfalls der Kampf verloren wäre.

Immer wieder werden auch emotionale Akzente gesetzt. Der Verlust von Callidus wirkt hierbei nach, wird jedoch bemerkenswert zurückhaltend und ohne großes Pathos verarbeitet.

Natürlich bleiben mehrere Handlungsstränge offen - ein typisches Symptom eines Mittelbandes innerhalb einer Trilogie. Hinzu kommt, dass das Tempo, wie bereits erwähnt, im Mittelteil deutlich nachlässt. Fans des Akademie-Settings dürften nach dem entsprechenden Auftaktband dieses Mal enttäuscht sein, da die Akademie nur noch am Rande eine Rolle spielt.

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass dieser Band einen deutlich gereiften Autor zeigt, der seine handwerklichen Fähigkeiten bewusster und souveräner einsetzt und die Tiefe seines Plots erheblich erweitert. Der deutsche Verlag hat dem Buch zudem einen Rundum-Farbschnitt spendiert, der an den entsprechenden Farbschnitt der britischen Limited Edition angelehnt ist und den Band auch optisch aus der Masse der Veröffentlichungen hervorhebt.