Ransom Riggs: Die beachtlichen Misserfolge des Leopold Berry - Sunderworld 1 (Buch)

Ransom Riggs
Die beachtlichen Misserfolge des Leopold Berry
Sunderworld 1
(The Extraordinary Disappointments of Leopold Berry, 2024)
Übersetzung: Simon Weinert
Titelbild: Matt Griffin
Piper, 2025, Hardcover, 414 Seiten, 22,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Wer kennt sie nicht, die billig produzierten Fantasy-Serien der 90er Jahre, in denen eine Verrücktheit sich mit der nächsten abwechselte und oft genug auch die Moderne selbst das Szenario für das Übernatürliche bot? Aufgezeichnet aus dem Fernseher auf Video, damit man sich alles wieder und wieder ansehen konnte.

Leopold Berry ist mit „Sunderworld“ aufgewachsen, einer Geschichte, die Los Angeles selbst in einen magischen Ort verwandelt. Und er hat nie aufgegeben, daran zu glauben, dass es sie wirklich gibt, vor allem, seit seine Mutter tot ist. Seither versucht er mehr schlecht als recht durchzukommen.

Für seinen Vater ist er schlichtweg eine Enttäuschung, weil er nicht dessen Vorstellungen und Wünschen entspricht und immer wieder versagt, weil er völlig durchschnittlich ist. So hofft Leopold, der von allen nur Larry genannt wird, dass ihn etwas aus der Misere herausholt. Und die Chance scheint zu kommen, als sich ihm ein Weg nach Sunderworld öffnet.


Ransom Riggs ist bereits für seine abgedrehten und eigenwilligen Geschichten bekannt. In seinem neuesten Werk, das offensichtlich auch noch der Auftakt zu einer Reihe ist, lässt er vermutlich seine eigene Kindheit mit all den Träumen und Wünschen wieder auferstehen. Denn tatsächlich wirkt Leopold etwas aus der Zeit gefallen, weil er bewusst an seinem alten Wagen hängt und sich nur allzu gut an die Fernsehserie seiner Kindheit erinnert. Dass er damit aneckt, bekommt er immer wieder zu spüren, gerade weil sein Vater andere Vorstellungen von Lebenszielen hat und ihn gerne in eine bestimmte Richtung zwingen will, die aber ganz offensichtlich nichts für den Jungen ist.

Daher wirkt der Wechsel nach Sunderworld wie eine Befreiung, weil der Jugendliche hofft, dass dort alles anders wird. Doch ist er wirklich ein Auserwählter, der die Welten rettet oder vereint? Oder erwartet ihn auch hier nur Enttäuschung?

Das spickt der Autor mit sehr vielen kuriosen Begegnungen und Charakteren. Sunderworld ist bis auf die Magie mit der Erde identisch, so dass er nicht viel erklären muss, und sich mehr auf die kleinen, aber feinen Details und die Charaktere konzentrieren kann.

Neben all den humorvollen Momenten, bei denen Leopold in Fettnäpfchen tappt oder andere ihm seltsam kommen, gibt es aber auch ernste Töne, die dafür sorgen, dass man mit dem jungen Mann fühlt. So kann man sich als Leser auch freuen, dass er tatsächlich mit der Zeit eine Entwicklung durchmacht.

Heraus kommt eine Geschichte, die sehr stark das amerikanische Lebensgefühl atmet und teilweise auch persifliert. Dazu gibt es eine Hommage an die 90er Jahre mit all dem, was dazu gehört. Und das Ganze wird auch noch in eine unterhaltsame Handlung gepackt, die nett zu lesen ist, wenn sie auch nicht so viele Überraschungen bietet.

„Die beachtlichen Misserfolge des Leopold Berry“ ist ein Fantasy-Roman der besonderen Art. Die phantastischen Elemente bleiben zwar im Hintergrund, bietet aber augenzwinkernde Begegnungen mit seltsamen Wesen und Charakteren, die zum Schmunzeln einladen. Zudem bietet das Buch eine einfühlsame Coming-of-Age-Geschichte, in dem auch ein wenig das amerikanische Lebensgefühl der 90er Jahre mitschwingt.