Rainer Wekwerth: Die Stadt der gefallenen Engel (Buch)

Rainer Wekwerth
Die Stadt der gefallenen Engel
Titelbild von Frauke Schneider
Arena, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 418 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-401-06513-7

Von Christel Scheja

Rainer Wekwerth ist Vater einer Tochter und verheiratet aber auch ein erfolgreicher Autor, der unter verschiedenen Pseudonymen schreibt und schon mehrere Preise gewonnen hat. Er konnte sich bisher die Leidenschaft für das Schriftstellerhandwerk bewahren. „Die Stadt der gefallenen Engel“ ist sein erster Ausflug in die Welt der Dark Fantasy.

Lara ist siebzehn und lebt in einem kleinen Dorf in der Nähe von Stuttgart, in dem es nicht viel Abwechslung gibt. Zwar hat sie einen Freund, aber in der Beziehung kriselt es, als sie es ablehnt, mit ihm zu schlafen. Nur einen Tag später reicht er deswegen eine vorläufige Trennung per SMS an. Dem jungen Mädchen macht das zu schaffen, deswegen nimmt sie auch gerne das Angebot an, ein paar Wochen bei ihren Großeltern in Berlin zu verbringen. In der Großstadtluft will sie Abstand finden und sich ablenken, was hier ja nicht wirklich möglich ist. Tatsächlich heben die ersten Tage in der Hauptstadt ihre Stimmung und sie genießt es, dort alle Möglichkeit zu haben, da ihr die beiden alten Leute alle Freiheiten lassen. Doch als sie eines Abends viel zu spät auf dem Weg nach Hause ist, wird sie überfallen. Ihr droht eine Vergewaltigung aber glücklicherweise schreitet in diesem Moment ein junger Mann ein, der sie auch nach Hause bringt.

Es ist nicht das letzte Mal, dass sie sich sehen, denn sie beschließen, miteinander Kontakt zu halten und auch einiges zu unternehmen. Doch trotz aller Faszination und Liebe stellt Lara bald fest, dass Damian auch seine Geheimnisse vor ihr hat und mit den Großeltern unter eine Decke zu stecken scheint, denn diese benehmen sich ihm gegenüber wie Verschwörer. Als Lara genauer nachforscht, findet sie heraus, dass alles mit ihrer eher traurigen Familiengeschichte und dem ihr unbekannten Vater zusammenhängt, der die Familie nur verlassen hat, weil sie kein Junge geworden ist. Sie ahnt nicht, dass sie inzwischen selbst beobachtet wird, denn genau wie Damian ist auch sie nicht ganz von dieser Welt und Teil eines Konflikts, der schon seit langer Zeit verborgen vor den Augen der Menschen tobt.

Nach den Vampiren stehen vor allem Engel hoch im Kurs deutscher Schriftsteller, vor allem, wenn es sich um diejenigen Gottesboten handelt, die aufgrund ihrer Verfehlungen noch immer auf die Erde verbannt worden sind, um dort nach einem Weg zur Sühne und Vergebung zu finden. Rainer Wekwerth präsentiert dabei ein sehr zwiespältiges Werk, denn diesmal haben nicht die Guten das Wort, sondern eher die Bösen und diejenigen, die zwischen den beiden Extremen stehen. Die Handlung läuft dabei in zwei Ebenen ab. Auf der einen kann man den Kampf zwischen Engeln und Höllenwesen in Berlin mitverfolgen, der mit harten Bandagen geführt wird. Immer wieder treffen die feindlichen Lager aufeinander, kämpfen miteinander und nur einer verlässt das Schlachtfeld. Auf der anderen – die auch weit mehr Raum einnimmt, entwickelt sich nicht nur die Beziehung zwischen Damian und Lara, das junge Mädchen ist auch auf der Suche nach den Dingen, die man ihr bisher vorenthalten hat. In diesem Sinne ist das Buch weniger eine Romanze als ein Entwicklungsroman. Allerdings folgt der Autor dabei immer Klischees und gut bekannten Handlungsmustern, so dass vieles vorhersehbar ist. Immerhin verzichtet er darauf allzu kitschig zu werden.

Bis zum Ende ist der Roman sehr flüssig geschrieben und weist keine Längen auf, da doch immer wieder etwas passiert. Dennoch dürften viele Leser enttäuscht sein, da es nicht wirklich einen Abschluss gibt. Geheimnisse werden enthüllt, aber die Konsequenzen daraus bleiben erst einmal aus. Letztendlich krankt der Roman daran, dass er weder Fleisch noch Fisch ist, da der Autor keine klare Linie in Bezug auf Lara bezieht. Nur eines wird sehr deutlich: Eine Romanze im üblichen Sinne gibt es trotz der ganzen Klischees nicht.

Die Ideen von „Die Stadt der gefallenen Engel“ sind durchaus gelungen, nur die Ausführung enttäuscht, da nicht wirklich Konsequenzen aus den Enthüllungen gezogen werden. Eine Fortsetzung wäre vonnöten, doch ob es diese geben wird, ist nicht wirklich zu erkennen.