Robert Ralf Keintzel: Eine Geschichte der Menschen mit Behinderung - Dis/abled in der Antike (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 02. August 2025 16:35

Robert Ralf Keintzel
Eine Geschichte der Menschen mit Behinderung – Dis/abled in der Antike
2022, Paperback, 256 Seiten, 21,95 EUR
Rezension von Christel Scheja
Zu jeder Zeit hat es Menschen mit Behinderungen in Mitteleuropa gegeben, auch in diesem Jahrhundert lebt jede zehnte Person in Deutschland mit Einschränkungen. Doch wie sah es in der Vergangenheit aus, speziell der Antike? Damit beschäftigt sich der Mediziner und Sonderpädagoge Robert Ralf Keinzel in seinem Sachbuch „Eine Geschichte der Menschen mit Behinderung - Dis/abled in der Antike“.
Es ist unbestreitbar, dass die griechische und römische Antike unsere Gegenwart auch heute noch prägen. Die Gesellschaft mag sich weiterentwickelt haben, aber philosophische, und ethische Gedanken schwingen bis heute mit. Doch waren Menschen mit Behinderung damals wirklich schlechter dran als heute?
Immerhin war die Gefahr damals größer, sich durch Arbeit und Unfälle eine körperliche Behinderung einzufangen. Und gehörte man der Oberschicht an, waren Einschränkungen vielleicht auch eine Chance, denkt man etwa an den julianischen Kaiser Claudius, der über lange Jahre Wissen und Erfahrung sammeln konnte, ehe er zum Staatsmann wurde.
Und nicht zuletzt arbeiteten auch viele Menschen weiter, weil es gar nicht anders ging, auch wenn Philosophen und Priester Unversehrtheit als höchstes Gut ansahen.
Robert Ralf Keintzel richtet sich mit seinem Buch an eine breite Öffentlichkeit und möchte bei möglichst vielen Lesern Verständnis und Aufmerksamkeit wecken. Denn immerhin ist es ja so, dass in Bezug auf Behinderungen im Kopf der Meisten nur altgediente Klischees vorherrschen.
Daher nimmt er sich auch die Zeit, erst einmal in die antike Welt mit all ihren Regeln und Eigenheiten einzuführen, der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Römischen Reich. Er geht auf die Gesellschaft, Medizin und Wissenschaft ein, ehe er sich daran macht, genauer auf die Menschen einzugehen, die mit Einschränkungen leben müssen.
Auch wenn natürlich Kunst und Philosophen das Ideal des gesunden und perfekten Körpers hochhalten und es nur wenige Götter wie Hephaistos/Vulkan gibt, die genau die Menschen mit Behinderung repräsentieren, so waren die Menschen mit Einschränkungen auch früher ein wichtiger Teil der Gesellschaft. Und es bedeutete für Diejenigen, nicht unbedingt immer ein Aus im Beruf.
Und je nach Reichtum und Macht der Familie konnten Menschen wie Claudius sogar das höchste Amt im Staat erreichen. Der Status erlaubt es damit auch Menschen mit Einschränkungen, in die Öffentlichkeit zu treten, manchmal war es sogar die Chance, den eigenen Neigungen folgen zu können.
Letztendlich wird klar, dass sich Vieles nicht unbedingt von dem unterscheidet, was heute gang und gebe ist, die Antike bei einigen Dingen sogar weitaus fortschrittlicher war, auch wenn natürlich Medizin und Aberglauben enger miteinander verwoben waren, was zu seltsamen Blüten führte.
Das Sachbuch räumt mit falschen Vorstellungen auf und bringt an gewissen Stellen durchaus zum Nachdenken, da Einiges doch aktueller ist als gedacht. Ab und an klingt auch die Leidenschaft des Autors für das Thema durch. Trotz allem vergisst er dabei aber auch nicht wissenschaftliche Akkuratesse.
„Eine Geschichte der Menschen mit Behinderung - Dis/abled in der Antike“ gibt einen spannenden Einblick in den Umgang mit eingeschränkten Menschen in diesem Abschnitt der Menschheitsgeschichte. Das Buch ist mit viel Sorgfalt und Liebe geschrieben worden, so dass es auch leicht verständlich für Leute ohne Vorkenntnisse ist.