Markus K. Korb: Finstere Stadt - Sourcecode (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 28. Juni 2025 18:32

Markus K. Korb
Finstere Stadt - Sourcecode
Titelbild: Jack Moik
Innenillustration: Kim Davey
Verlag Torsten Low, 2023, Paperback, 240 Seiten, 16,90 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Wir schreiben das Jahr 2055. In direkter Nähe zur chinesischen Metropole Hongkong liegt eine Stadt, in der sich illegale Einwanderer, Überlebenskünstler und Verbrecher die Klinke in die Hand geben. Eine staatliche Ordnungsmacht sucht man hier vergeblich. Das Recht wird allein von den über die Stadt herrschenden Triaden ausgeübt. Sie regieren mit harter, ja brutaler Hand über die Slums, die Not und Angst der Bewohner. Nur ihre Agenten, die mittels Implantat aufgerüstet wurden, sorgen dafür, dass es weitgehend friedlich bleibt.
Bis es eines Tages zu merkwürdigen, ja beunruhigenden Störungen in den synthetischen Organen der Bewohner kommt. Etwas ist erwacht in, genauer gesagt unter der alten, längst verlassenen Festung, um die herum die Stadt errichtet wurde. Etwas, das tief unter der Erde geruht hat. Etwas, das sich nun anschickt, die Herrschenden herauszufordern.
Wir begleiten einige Agenten der Drachen bei dem Versuch, die Ursachen der Bedrohung aufzuspüren und auszuschalten - dauerhaft, versteht sich. Doch dieser Auftrag ist trotz aller Kompetenz der augmentierten Agenten, wahrlich kein einfacher. Die Ermittlungen offenbaren das Bild einer existenziellen Gefahr; nicht nur der Zusammenschluss der KIs droht, die Macht über die Erde zu übernehmen - auch ein Konzern mischt im Hintergrund mit, im Spiel um die Zukunft allen biologischen Lebens…
Ich kannte und schätzte Markus K. Korb als Musiker, als Lehrer und als Verfasser im Bereich der Schauer-Literatur, genauer gesagt als Horror-Autor.
Mit dem vorliegenden Band unternimmt er meines Wissens seinen ersten Ausflug in den Bereich der Science Fiction.
Der Plot entführt uns in eine nahe, dystopische Zukunft. Die Menschheit ist vom verheerenden Krieg gezeichnet, die Umwelt verschmutzt, das Verbrechen blüht. Augmentierte Wesen und Implantate gehören zum Alltag. Schon zu Beginn erkennen wir, dass sich Korb im Sub-Genre des Cyberpunk sichtlich wohlfühlt.
Natürlich ist die beschriebene Welt überzeichnet, doch fabuliert Korb nicht einfach ins Ungewisse. Vielmehr extrapoliert er aktuelle Entwicklungen, Gefahren und Trends zu einer Zukunft, die durchaus Realität werden könnte. Dabei übt er deutliche Kritik an blinder Fortschritts- und Technikgläubigkeit, an der übermäßigen Hingabe zu virtuellen Verführungen und am damit einhergehenden Verlust echter zwischenmenschlicher Kontakte. Nicht umsonst lässt er eine Gruppe von Puristen auftreten, stellt Fragen wie: „Wo endet der Mensch, wo beginnt die Maschine?“ (Seite 222), und warnt vor einem Cyberwahn.
Korb inkludiert viele spannende Ideen und rasant inszenierte Kämpfe - manchmal jedoch übertreibt er es hier etwas. Gerade die Auseinandersetzungen zwischen den Agenten der Drachen und den bio-genetischen Produkten wirken teilweise überzogen und unglaubwürdig, auch die Dialoge holpern stellenweise. Insgesamt hat Korb beinahe zu viele Ansätze in seine Handlung gepackt - hier wäre weniger mehr gewesen.
Die Charakter-Zeichnungen bleiben eher oberflächlich; im Vordergrund steht klar die faszinierend-düstere Welt der Slums, Triaden und KIs. Hier packt der Verfasser uns, zieht uns ins Geschehen und lässt uns die Seiten umblättern.
Konzipiert als Trilogie, erscheint der Mittelband im Sommer 2025 wiederum im Verlag Torsten Low.
Erwähnenswert ist zudem, dass die Romane der Trilogie neben der Paperback-Ausgabe auch als limitierte, nummerierte und signierte Hardcover-Ausgabe erhältlich sind. Die vorliegende Ausgabe ist in der Hardcover-Variante meines Wissens leider bereits vergriffen.