Joe Abercrombie: The Devils (Buch)

Joe Abercrombie
The Devils
(The Devils, 2025)
Übersetzung: Kirsten Borchardt
Heyne, 2025, Hardcover, 864 Seiten, 24,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Stellen Sie sich eine Welt vor, die der unseres Mittelalters ähnelt. Die Kirchentrennung hat ebenso stattgefunden wie die Kreuzzüge - doch auf dem Heiligen Stuhl sitzt eine Päpstin, das Heilige Land wird von Elfen bevölkert und Magie ist ebenso real wie Dämonen, Werwölfe oder Vampire.

Bruder Diaz kommt in die Heilige Stadt, um Karriere zu machen. Er träumt von Pfründen, die es ihm ermöglichen, seiner Passion für alte Handschriften und heilige Texte zu frönen. Doch die Kinderpäpstin und ihre beiden Kurien-Kardinalinnen haben anderes mit dem Mann aus der Provinz vor.

Gerade ist ein Posten frei geworden: das Vikariat über die „Kapelle der geheiligten Zweckdienlichkeit“. Hier sammelt die Kirche ihre Schäfchen, die sich um die besonders üblen Gefahren und Bedrohungen kümmern. Angeführt von einem alten Krieger, der im wahrsten Sinne des Wortes nicht sterben kann, warten dort ein Todfeind, eine Elfin, ein Hexenmeister, ein Vampir und eine Werwölfin auf unseren Kleriker.

Die erste Mission: Die gerade entdeckte Erbin des östlichen Reiches - eine Diebin und Betrügerin - soll quer durch die bekannte Welt nach Troja gebracht, vor den Anschlägen ihrer Neffen sowie den diese begleitenden Mischwesen, Dämonen und Teufeln beschützt und schließlich auf den dortigen Kaiserthron gesetzt werden…


Joe Abercrombie hat mit seinen bisherigen Romanen Leserinnen und Leser begeistert. Zu Recht gilt er als eine der interessantesten, eigenständigsten und versiertesten Stimmen der neuen Dark Fantasy.

Nun hat er sich etwas ganz Neues, etwas anderes für seine Fans einfallen lassen: Ein - zumindest vorerst - Einzelroman, der mit einer Welt spielt, die uns aus dem Geschichtsunterricht bekannt ist, in entscheidenden Details jedoch vom Überlieferten abweicht: Was wäre, wenn die Kreuzzüge nicht gegen muslimische Heiden, sondern gegen Elfen geführt worden wären? Wenn die Kirche von Frauen angeführt und gelenkt würde? Wenn überall Herrscherinnen auf den Thronen säßen?

Was sich auf den ersten Blick verrückt und unmöglich anhört, nimmt im Buch schnell überzeugende Gestalt an.

Auf dieser Bühne platziert Abercrombie dann seine zwei Hauptcharaktere: die Thronerbin, die als Diebin aufgewachsen ist und mit dem Adel wenig gemein hat, sowie den klerikalen Emporkömmling, der zunächst nur daran interessiert ist, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Dazu kommen die Agenten der Kirche - mehr oder minder freiwillig, na eher nicht ganz freiwillig im Dienst, denn die Kinderpäpstin ist die mächtigste Magierin unter Gottes weitem Himmel und ihre Banne sind ebenso unauffällig, wie unlösbar.

Was folgt, ist eine überaus vergnügliche Reise quer durch ein in den Details wunderbar ungewöhnliches Europa: Ein Abenteuer jagt das nächste. Besonders daran ist auch, dass Abercrombie - ganz untypisch für ihn - einen locker-leichten Ton anschlägt. Mit viel Humor, Selbstironie und Situationskomik erwartet uns ein Abenteuer der Extraklasse voller skurriler Wesen, unglaublicher Begegnungen, überraschender Wendungen und herrlich ungewöhnlicher Figuren und Konstellationen.

Das ist beste Abenteuer-Fantasy voller Verve, ein packendes Kopfkino - oder schlicht: ein toller Roman!