Simon Stålenhag: Swedish Machines (Buch)

Simon Stålenhag
Swedish Machines
(Svenska Maskiner, 2025)
Übersetzung: Stefan Pluschkat
Tor, 2025, Hardcover, 184 Seiten, 38,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Etwas abseits der Zentren, auf einer kleinen Insel, erwarb der schwedische Rüstungskonzern Swedish Machines Ende der 1960er Jahre Land, auf dem er bis 1979 eine Forschungs- und Erprobungsanlage errichten ließ, die ihresgleichen suchte. Hier forschte man an neuartigen Waffen, an innovativen Ideen, Menschen umzubringen und Städte zu zerstören. Und man war erfolgreich. Eine neuartige Strahlenkanone sollte ihre Ziele quer durchs Erdinnere erreichen können.

Ein abschließender Test sollte den Erfolg beweisen. Der Tetraeder, die Abschusseinrichtung, wurde auf eine Militärstation der Amerikaner in Nevada geflogen, der Zielpunkt lag auf der Insel.

Man schrieb den 12. Juli 1980, als die Waffe ausgelöst wurde. Es wurde eine dermaßen starke Explosion ausgelöst, dass sich Raum und Zeit ineinander verwanden, dass die Grenze zu Parallel-Universen durchlässig wurde, dass die Rauchsäule noch in 40 Kilometern Entfernung sichtbar war. Danach wurde das Gebiet weiträumig gesperrt. Wissenschaftler, die den Vorgang vor Ort untersuchen wollten, erkrankten unheilbar.

Gut 20 Jahre später hat sich die Situation beruhigt. Wir treffen auf zwei junge Männer, die hier, im Schatten der Explosion, herangewachsen sind. Beide stammen aus zerrütteten Familienverhältnissen. Linus, ein musisch begabter Junge, ist mit seiner Mutter weggezogen, hat das Abitur gemacht und scheint seinen Weg zu gehen. Valter, dessen Vater erst seine Mutter, dann sich selbst erschossen hat, hat die Schule abgebrochen. Seitdem arbeitet er bei der privaten Sicherheitsfirma, die für die Bewachung der nach wie vor verbotenen Anlage zuständig ist.

Nach einigen Jahren, in denen sie keinen Kontakt hatten, finden die beiden wieder zueinander - körperlich wie seelisch - und machen sich auf, das Zentrum der damaligen Explosion aufzusuchen…


Simon Stålenhag zählt zu Recht zu den bedeutendsten Künstlern im phantastischen Bereich. Nach drei reichhaltig illustrierten Titeln bei Tor erwartet uns nun ein Band, der inhaltlich eine eher schwierige Geschichte erzählt.

Aufgehängt an der Story der Erkundung der damaligen Explosionsstätte, berichtet uns der Autor einfühlsam von den Gefühlen der Beiden füreinander, von den Versuchen, in gemeinsamer Sexualität Befriedigung zu finden, aber auch von der Neugier. Die Suche nach dem, was hier verborgen gehalten werden soll, spiegelt lediglich die Suche nach dem eigenen Ich, nach dem eigenen Platz im Leben, nach der Zukunft wider.

Geschickt zeigt uns der Verfasser die Relikte der damals in Mitleidenschaft gezogenen technischen Wunderwerke, die nun verlassen, aufgegeben und nicht länger beachtet förmlich im Nirgendwo gestrandet sind. Hier stellt Stålenhag die äußere Welt als bildliches Gleichnis des seelischen Zustands der jungen Menschen dar. Können, werden sie sich aus der Perspektivlosigkeit, der Antriebsarmut befreien können?

Dies alles wird in vielen ganzseitigen Farbillustrationen optisch umgesetzt. Das übergroße Format ermöglicht es dem Künstler, insbesondere die Stimmung der Ödnis wunderbar einzufangen und uns stimmungsvoll in die Handlung hineinzuziehen. Die Farbbilder sind eher grobkörnig und in Pastelltönen ausgeführt, transportieren aber die Atmosphäre des Textes auf passende Weise ins Optische. Hier erwartet uns eine Welt, in deren menschenleerer Wildnis die einstigen hochtechnisierten Errungenschaften vor sich hin modern, zerfallen und schlicht verloren wirken. Voller dunkler Farben, ohne große Kontraste, wird diese zerstörte Umwelt kongenial ins Bildliche übersetzt. Die äußeren Ruinen, die sichtbare Zerstörung, finden in den Aufzeichnungen unserer Erzähler ihren inneren Widerhall.

Das ist keine leichte, angenehme Kost. Aber sie zeigt uns einfühlsam und intensiv das Innenleben zweier Menschen, die von ihrer Vergangenheit geprägt sind, die ihren Weg in eine hoffentlich positivere Zukunft suchen - und vielleicht finden.