Helen Dunmore: Nixenmagier – Nixen 2 (Buch)

Helen Dunmore
Nixenmagier
Nixen 2
(The Tide Knot, 2006, deutsche Erstausgabe: „Indigo – Im Bann der Gezeiten“, cbj, 2007)
Aus dem Englischen von Knut Krüger
Titelgestaltung von zeichenpool unter Verwendung von Motiven von Mauritius Images/Pixtal/RF und Shutterstock/Vividfour
Autorenfoto von Jerry Bauer
cbj, 2011, Taschenbuch, 332 Seiten, 7,99 EUR, ISBN 978-3-570-40037-1

Von Irene Salzmann

In „Nixenblut“, Helen Dunmores zweitem von vier Romanen aus der „Nixen“-Serie, entdeckten die Kinder Sapphire und Conor, dass in ihren Adern Mer-Blut fließt. Während in Conor das Erbe der Erde ausgeprägter ist, sind die Anteile bei Sapphy ausgeglichen und damit Fluch und Segen zugleich, denn das Eintauchen in die Unterwasserwelt fällt ihr sehr leicht, allerdings kann sie sich auch nur schwer den Verlockungen Indigos erwehren und sich mit den Veränderungen in ihrem ‚normalen‘ Leben arrangieren.

Inzwischen ist über ein Jahr vergangen, seit der Vater spurlos verschwand und mit Roger ein neuer Mann ins Leben der Mutter trat. Die Familie zieht aus Senara, einem abgelegenen Dorf in Cornwall, fort und in die nächste Stadt, nach St. Pirans, in der die Mutter arbeitet und Conor die Schule besucht. Allein die Hündin Sadie hilft Sapphy immer wieder über ihr Heimweh hinweg, kann sie aber nicht davon abhalten, immer wieder mit Faro, einem Mer, zu tauchen. Doch dann wird Sadie krank, denn sie ist durch und durch ein Landwesen, und Sapphys Verbundenheit mit dem Meer setzt ihr sehr zu. In ihrer Not bringt Sapphy das Tier zur Granny Carne, die mehr als ein normaler Mensch zu sein scheint und deren Element die Erde ist. Die alte Frau vermag Sadie zu retten. Obwohl Sapphy nun aufatmen kann, findet sie in der Nacht keine Ruhe und folgt einmal mehr dem Ruf von Indigo – und von ihrem Vater.

Wie sie und Conor immer ahnten, ist er nicht ertrunken, sondern hat sich für ein Leben bei den Mer entschieden. Aber auch dort ist nicht alles so schön, wie Sapphy immer glaubte, und er kam, um sie vor einer drohenden Gefahr zu warnen. Daraufhin begeben sich die Kinder auf die Suche nach Saldowr, Faros Lehrer, der ihnen vielleicht Näheres verraten und ein Mittel nennen kann, das es dem Vater ermöglicht, Indigo wieder zu verlassen. Die Reise ist weit. Sapphy wird von Faro und Conor getrennt – und es kommt noch schlimmer für alle Menschen in St. Pirans...

Nahtlos knüpfen die Geschehnisse an die des Vorgängerbandes an, wenngleich man beide Bücher auch getrennt problemlos lesen kann. Natürlich macht die Lektüre mehr Spaß, kennt man die gesamte Serie und weiß, worauf hin und wieder Bezug genommen wird. In „Nixenmagier“ steht Sapphy ganz im Mittelpunkt der Geschichte. Obwohl sie nun schon 14 Jahre alt ist, hat sie sich im Gegensatz zu ihrem älteren Bruder Conor, der sein Erd-Erbe bejaht und zunehmend eigene Wege geht, nicht weiter entwickelt. Kaum noch eine Rolle spielen die Eltern beziehungsweise Roger, dafür findet das Mädchen in Rainbow eine Freundin, die vielleicht später größere Handlungsanteile haben könnte. Granny Carne und Saldowr, die die weisen Mentoren verkörpern, helfen weiter, wenn die Kinder in eine Sackgasse geraten.

Man hat den Eindruck, als wäre die Erzählung in mehrere kleine Kapitel untergliedert, die durch Sapphys Sehnsucht nach Indigo miteinander verbunden sind: Sadies Erkrankung, das Geheimnis um das Verschwinden des Vaters, die Suche nach Saldowr, die dunkle Seite von Indigo und die Bedrohung für die Menschen von St. Pirans. Dabei nimmt Sapphy jedes Mal eine Schlüsselstellung ein, denn sie ist Ursache für Probleme, Bindeglied zwischen den Elementen, treibende Kraft und Retterin in einem. In ihrem Denken und Handeln wirkt sie jünger, eher wie eine schmollende Zehn- bis Zwölfjährige, die sich mit den üblichen Veränderungen, die das Leben mit sich bringt, nicht abfinden kann, die Entscheidungen anderer kritisiert (zum Beispiel die Liebe ihrer Mutter zu Roger), sich selber jedoch Freiheiten herausnimmt, ohne Rücksicht auf andere zu nehmen (ihr regelmäßiges Überwechseln nach Indigo, das die Erinnerungen an die Familie, die sich um sie sorgt – insbesondere Conor, der Bescheid weiß –, verblassen lässt). In Folge passen romantische Verwicklungen jetzt noch nicht in die Handlung, aber das könnte sich in Zukunft ändern. Durchs Hintertürchen schleicht sich der Umweltgedanke ein: die Überfischung der Meere, der gedankenlose Abbau von Bodenschätzen und die Landgewinnung an der Küste, wobei Lebensräume zerstört werden etc. Was mag passieren, wenn das Meer und seine Bewohner zurückschlagen?

Helen Dunmore schreibt unterhaltsam und lädt junge Leserinnen zwischen 10 und 15 Jahre zu einem spannenden Abenteuer ein. Für ein etwas reiferes Publikum sind die Geschehnisse jedoch zu leicht vorhersehbar, die Höhepunkte sind keine wirklichen Peaks, weil die Lösungen ohne übermäßige Dramatik sehr schnell präsentiert werden, und die Charaktere erscheinen kindlich und einfach gestrickt. Für sehr junge Leseratten, die Urban Fantasy schätzen, es aber nicht zu gruselig mögen, ist die Tetralogie ideal, während die älteren mit Titeln wie „House of Night“, „Evermore“ oder „Twilight“ besser beraten sind.