V. E. Schwab: Shades of Magic - Die komplette Trilogie in einem Band (Buch)

V. E. Schwab
Shades of Magic - Die komplette Trilogie in einem Band
(A Darker Shade of Magic (2015), A Gathering of Shadows (2016), A Conjuring of Light (2017))
Übersetzung: Petra Huber
Tor, 2024, Hardcover, 1140 Seiten, 49,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Es ist inzwischen liebgewonnene, gängige Übung, dass Tor seinen Leserinnen und Lesern einmal im Jahr einen Prachtband kredenzt. Nachdem man mit Ursula K. LeGuins „Erdsee“, den beiden Lovecraft-Werkbänden sowie der kongenialen „Elric“-Ausgabe seinen Kunden ein Geschenk gemacht hatte, wurde dieses Mal eine zeitgenössische Verfasserin mit der bibliophilen Ausgabe geehrt: V. E. Schwabs „Weltenwanderer“-Trilogie wird in einer hochwertig ausgestatteten Hardcover-Ausgabe aufgelegt. Mit Lesebändchen, Rundum-Farbschnitt und geprägtem Rücken ausgestattet, erwarten uns nicht nur die drei ursprünglichen Romane, sondern auch weitere sieben bislang noch nicht auf Deutsch erschienene Geschichten aus dem „Shades Of Magic“-Universum.

 

Schon das neue Titelbild weist auf etwas Besonderes hin. Atmosphärisch sehr stimmig macht es, auch in Kombination mit dem Farbschnitt, der uns einen Kartenausschnitt (von London) offeriert, auf den Inhalt neugierig. Natürlich peilt man mit dieser Ausstattung und Aufmachung das Weihnachtsgeschäft an, hofft wohl zurecht, dass Fans der Trilogie sich diese Luxus-Edition unter den Weihnachtsbaum werden legen lassen.

Der Inhalt ist, bis auf die erstmals vorliegenden sieben Storys, bekannt.

 

Willkommen also in London, einem der vier London zumindest. Jetzt stutzen Sie? Sie wissen aber schon, dass Sie ein Fantasy-Buch in Händen halten? So mit phantastischem Handlungsort - erwähnte ich die vier London bereits? - Zauberer, fiesen Schurken und versierten Dieben?
Na dann ist es ja gut. Also zurück zum Buch. Die Geschichte spielt in einer faszinierenden Welt, in der es vier parallel existierende Versionen Londons gibt: das graue, rote, weiße und schwarze London. Jeder dieser Orte hat eine andere Verbindung zur Magie, wobei Graues London fast magielos ist, während Rotes London in Harmonie mit der Magie lebt, Weißes London von ihr verdorben ist und Schwarzes London wegen eines Unglücks einst durch die Magie zerstört wurde.
Kell ist einer der letzten Antari, Reisenden, die mittels des Blutes in ihren Venen und erkennbar an ihren Augen zwischen den Dimensionen reisen können. Einst, vor langer Zeit, floss die Magie wild und ungehemmt zwischen den vier Dimensionen hin und her. Dann passierte etwas Mysteriöses - und das schwarze London war nicht mehr erreichbar. Mehr noch, als Kinderschreck überlebte die Mär von den skrupellosen Magiern, die dafür verantwortlich waren, dass das schwarze London der Vernichtung anheimfiel.
Daneben gibt es das von König George regierte graue London, in dem die Magie ausgestorben ist, das weiße London, in der die Thronfolge dem versiertesten Mörder zufällt und das rote London, in dem es immer ein wenig nach Rose duftet und in dem die Magie regiert. Aus dieser Welt kommt Kell, der als adoptierter Prinz dafür verantwortlich ist, die Verbindung zwischen den Adelsgeschlechtern der verschiedenen London aufrechtzuhalten.
Dass er sich daneben noch, zum Nervenkitzel versteht sich, als Schmuggler betätigt, erweist sich als - nun nennen wir es einmal ungeschickt. Er vertickt das falsche Relikt, das er eigentlich vom weißen London ins Graue bringen soll, wird verfolgt und findet sich als Verräter aus seiner Heimat verbannt im Grauen London wieder. Hier trifft er auf die Taschendiebin Delilah die ihn zuerst ausraubt, ihm dann hilft und so manches Mal den Kopf geraderückt - schließlich gilt es Schlimmes zu verhindern; Fantasy, Sie kennen das ja, sonst hätten sie das Buch nicht gekauft…


Im zweiten Teil hat sich Delilah ihren Traum verwirklicht - zusammen mit dem charismatischen Kapitän Emery sucht sie auf der „Nachfalke“ als Freibeuterin die Meere heim. Währenddessen bereitet sich Kell auf ein magisches Turnier vor. Im „Spiel der Elemente“ treten die mächtigsten Magier der Roten Welt an, ihre Kräfte miteinander zu messen. Auch Emery und die „Nachtfalke“ kommen zu diesem Großereignis in die Stadt - nicht ahnend, dass sich in einem anderen London etwas Dunkles rührt, das lange geschlafen hat - kennen Sie aus anderen Fantasy Büchern? Stimmt, ist, wie ich tatsächlich glaube ich schon angedeutet habe, Fantasy, nur vorliegend eben ein wenig anders, als erwartet…


Im abschließenden Teil wird das Rote London von Oasron bedroht. Kell und Delilah brechen mit einer illustren Schar an Helfern auf, ein Artefakt zu suchen, das allein die Macht hätte, Oasron aufzuhalten. Allerdings muss Kell dafür einen alten Gegner willkommen heißen, ohne den die Mission nicht erfolgreich durchgeführt werden kann - etwas, mit dem er so seine größeren Probleme hat…


Die Trilogie nebst den nun beigefügten Erzählungen hat Fantasy-Fans diesseits wie jenseits des Atlantiks in ihren Bann gezogen. Neben den vielschichtig gezeichneten Charakteren, überzeugten dabei insbesondere die Handlungsorte. Die vier so unterschiedlichen London entfalten im Lauf der Lektüre jeweils ihren ganz eigenen Reiz, ziehen den Leser ob ihrer Unterschiede, in ihren Bann.

Während der erste Teil noch recht verhalten beginnt, Schwab uns ihre Protagonisten vorstellt, dann uns die Welt(en), die vier Londons präsentiert, nimmt das Tempo in den beiden folgenden Teilen ständig weiter zu. Dabei entwickelt sie geschickt ihre Figuren, lässt diese so manches Mal verzweifeln, lernen und reifen. Ja, sie, allen voran Kell, müssen Einiges schlucken, da wird flux einmal ein Antagonist gedreht und zum Retter erkoren - das fordert nicht nur eine der Hauptfiguren, sondern auch uns Leserinnen und Leser.

Das Lektorat bei Tor hat sich die Veröffentlichung gut überlegt. Der Band bietet abseits der so angesagten Romantasy - ja es gibt unweigerlich auch hier Liebesgeschichten und queere Beziehungen - Abenteuer satt, ungewöhnliche Magie, dazu eine Bühne (die vier London-Versionen) die einzigartig daherkommt sowie jede Menge an Gefahren und Intrigen. Die Charaktere werden folgerichtig entwickelt, ihre Dynamik überzeugt, das Finale passt dann und bringt den Plot zu einem befriedigen Abschluss. Fantasy eben, aber Fantasy der besseren, lesbareren und so manches Mal überraschenden Art.