Black Bird 5 (Comic)

Kanoko Sakurakouji
Black Bird 5
Aus dem Japanischen von Burkhard Höfler
EMA, 2010, Taschenbuch , 190 Seiten, 6,50 EUR, ISBN 978-3-7704-7194-2

Von Irene Salzmann

Kanoko Sakurakouji wurde an einem 1. August in Tokyo geboren. Seit etwa 2001 publiziert sie Shojo-Mangas für Leserinnen unterschiedlichen Alters, hin und wieder gewürzt mit phantastischen Elementen. „Black Bird“ ist ihre erste Serie, die in Deutschland erscheint.

Die Schülerin Misao Harada konnte schon als kleines Kind Ayakashis sehen; seit ihrem 16. Geburtstag ist sie für die Geisterwesen Freiwild: Wer sie zur Frau nimmt, bringt seinem Clan Glück; trinkt man ihr Blut und frisst ihr Fleisch, wird man gesund, sogar unsterblich und gewinnt an Macht. Dass ihr noch nichts Schlimmes widerfuhr, hat sie dem Tengu Kyou Usui zu verdanken, der sie heiraten möchte und sie beschützt. Anfänglich befürchtete Misao, dass auch Kyou nur seine persönlichen Vorteile im Sinn hat, doch seine Taten sind Zeichen seiner Liebe – und sie erwidert seine Gefühle. Während sie nun bereit ist, einen Schritt weiterzugehen, hält sich Kyou zurück, denn sein Freund Tadanobu Kuzunoha, das Oberhaupt des Fuchsclans, warnte ihn davor, mit Misao zu schlafen, wenn er eine lange gemeinsame Zukunft mit ihr erleben wolle.

Die kryptischen Worte könnte allein das ‚Senkaroku‘ erhellen, doch wurde die antike Schrift gestohlen. Auf die Sorgen von Kyou und Misao will der Tengu-Clan jedoch keine Rücksicht nehmen und fordert die beiden auf, das abgelegene Dorf zu besuchen und die Senka, die junge Braut, vorzustellen. Kyou ahnt, dass man sie festhalten wird, bis die Ehe vollzogen ist, denn sein älterer Bruder Shou, der wegen seiner Untaten im Kerker sitzt, ist trotz allem noch ein Rivale, der ihm seine Position und die Senka streitig machen könnte. Misao möchte jedoch Kyous Angehörige kennen lernen und Ayame, der kranken Frau von Sagami, einem von Kyous Getreuen, helfen. Allerdings hat sie auch einen Hintergedanken: Wenn Shou noch immer so gefährlich ist, dass Kyou bereit ist, den eigenen Bruder zu töten, um seine Braut zu schützen, kann und will sie nicht untätig bleiben. Kou, der einst Shou diente und nun an dessen Stelle Kyous neuer Gefolgsmann ist, verrät Misao, wo Shou gefangen gehalten wird. Kaum betritt sie das Lagerhaus, verschließt jemand hinter ihr die Tür...

Inzwischen ist es nicht mehr möglich, als Quereinsteiger zu „Black Bird“ zu stoßen, denn in vier Bänden ist viel passiert, und darauf bauen das fünfte und die weiteren Tankobons auf. Zwar ist Misao immer noch ein schüchternes Mädchen, dem es peinlich ist, über Liebe und Sex zu sprechen, ganz davon zu schweigen, ‚es‘ zu tun, aber sie hat ihre Entscheidung getroffen und will an Kyous Seite bleiben – ihn in jeglicher Hinsicht unterstützen. Das könnte jetzt zu ihrem Verhängnis werden, denn sie tappt prompt in eine Falle: Während sie bereits mit Shou allein ist, wird ihr Verschwinden gerade erst entdeckt, und Kyou hat keine Ahnung, wo er nach Misao suchen soll. Mit diesem Cliffhanger endet der Manga und lässt den Leser mit seinen Spekulationen allein: Ist Kou ein Verräter? Was hat Shou mit Misao vor? Ist sie wirklich ohne jeglichen Schutz zu ihm gegangen? Wann wird Kyou herausfinden, wo sie sich aufhält? Kann er sie rechtzeitig befreien?

Obwohl die Romanze an erster Stelle steht und gelegentlich von sehr soften erotischen Einlagen aufgepeppt wird, ist die Handlung spannend, was sie vor allem den phantastischen Elementen verdankt, die der japanischen Mythologie entnommen wurden: Berggeister, Fuchsgeister und andere Kreaturen leben unerkannt unter den Menschen oder treiben ungesehen ihr Unwesen. Zwar ist Kyou mächtig und bereit, für Misaos Sicherheit alles zu geben, aber das liebende Paar ist nicht sicher vor Intrigen und Verrat.

Obwohl vordergründig die Rollen von ‚Gut‘ und ‚Böse‘ klar scheinen, gibt es doch einige interessante Ungereimtheiten, die ahnen lassen, dass noch einige Geheimnisse der Aufdeckung harren, gerade was Misaos Kindheit betrifft, in der Kyou und Shou eine bedeutende Rolle spielen. Dass Shou ihre Erinnerung an diese Zeit löschte, scheint mehr Auswirkungen auf die Gegenwart zu haben, als angenommen – oder von Shou erhofft. In Folge bleibt die Serie auf mehreren Ebenen spannend: Wann erleben Misao und Kyou ihr ‚erstes Mal‘? Kann er sie auch weiterhin vor starken Gegnern retten? Was spielte sich einst wirklich zwischen den Kindern ab? Um die beiden Hauptfiguren nicht zu verschleißen, erfährt man diesmal mehr über den schweigsamen Sagami, seine familiären Verhältnisse und seine Beziehung zu Kyou. Obschon Ayame schwer krank ist, sorgt sie für einige heitere Momente, die übertrieben und deplatziert wirken – schade. Ferner wird mit Kou die Gruppe um Kyou erweitert, doch bleibt Shous ehemaliger Gefolgsmann blass und schwammig-unsympathisch.

Die Illustrationen sind gefällig, wie man es von Kanoko Sakurakouji gewohnt ist. Allein im Kinnbereich fallen immer wieder dezente Schatten auf, die wie eine schlechte Rasur oder ein ungewaschener Hals anmuten. Hier wäre weniger mehr gewesen.

Alles in allem ist „Black Bird“ eine spannend-romantische Fantasy-Serie, an der Leserinnen, die Titel wie „Dengeki Daisy“, „Fruits Basket“ oder „Zettai Kareshi“ mögen, viel Spaß haben. In Japan liegen derzeit 12 Tankobons vor, und die Reihe ist noch nicht abgeschlossen.