Andi Bottlinger: Der Spiegelorden (Buch)

Andi Bottlinger
Der Spiegelorden
Titelbild: Björn Pollmeyer
Calderan, 2024, Paperback, 392 Seiten, 16,90 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Was braucht man gemeinhin für einen packenden High-Fantasy-Roman? Nun, zunächst einmal eine archaische Welt, in der das Recht des Stärkeren, oftmals das des Brutaleren, regiert. Dazu verschiedene Völker, befestigte Städte oder Burgen und abgelegene, karge Landstriche. Magier irgendeiner Art kommen zumeist auch ganz gut, eine Prophezeiung oder Queste und natürlich Opfer, Helden und Bösewichter.

Aus dieser Gemengelage kann man, so man denn ein versierter Autor ist, seinen Plot zusammenstellen und die Geschichte erzählen. Andi Bottlinger präsentiert uns auf den ersten Blick genau dies.

 

Die Handlung beginnt damit, dass das Land Gerien, besser gesagt dessen befestige Hautstadt, von dem selbst erkorenen Weltenherrscher Arandes erobert wird. Verrat hat die eigentlich unbezwingbaren Tore geöffnet, die gefürchteten, auf großen flugfähigen Tieren reitenden Spiegelmagier kamen gar nicht zum Einsatz.

Eigentlich sollten und wollten die Hochlandstämme der Stadt zu Hilfe eilen, allein, sie kamen einen Tag zu spät.

Die Prophezeiung weiß zu berichten, dass einzig die in der Schwester der Königin wiedergeborene Magierin Nauranda das Reich retten kann.

Die Königin entsendet ihren Leibwächter und Assassinen mit ihrer kleinen Schwester in die vermeintliche Sicherheit der Kloster. Allein, diese wurden von den Angreifern geschliffen. Darien und die kleine Nauri versuchen unter Hilfe Bjorons, eines Hochlandkriegers, sich in Sicherheit zu bringen - während die Königin von Arandes gefangengenommen und gefoltert wird. Der Weltherrscher ahnt, dass all seine Pläne durch die kleinen Mädchen verhindert werden könnten. und bemüht sich mit allen Mitteln, der Flüchtlinge habhaft zu werden…


Antares Bottlinger kennen wir unter seinen Pseudonymen Andrea Ulmer, Lena Hofmeister und (gemeinsam mit Claudia Hornung) als Katharina Oswald. Vor seinem Namens- und Geschlechtswechsel publizierte er als Andrea Bottlinger unter Anderem bei Klett-Cotta und arbeitete als Expokrat für Zaubermond.

Vorliegender Einzelroman wurde, wie Mensch in einem Interview auf der Leipziger Buchmesse berichtete, von einigen Verlagen abgelehnt, da diesen das Finale nicht episch genug ausgefallen ist.

Nun, Bottlinger ist zu attestieren, dass der Plot durchaus das Potential hat, Fantasy-Fans einige vergnügliche Lesestunden zu bereiten. Die Anlage des Romans ist gelungen; nach der Einführung des Settings erhalten wir über die kurzen Kapitel, die uns in mehreren Sichtweisen der unterschiedlichen Erzähler von den Geschehnissen berichten, Einblick in selbige. Der Spannungsbogen ist straff, gefährliche Szenen gilt es auch zu überstehen, so dass ich die Kritik der Lektoren nicht wirklich nachvollziehen kann. Da gab und gibt es, auch unter den Produktionen der Konzernverlage, weitaus schwächere High-Fantasy-Romane, als die vorliegende Erzählung.

Geschickt und ohne aufgesetzt zu wirken, werden dabei gleichgeschlechtliche Beziehungen inkludiert, es geht auch im Hintergrund über Vorurteile und die Akzeptanz und Toleranz gegenüber Fremden. Der Fokus bleibt aber ganz auf der spannend aufgezogenen Handlung und den wenigen, handlungsrelevanten Figuren. Diese sind interessant und vielschichtig gezeichnet, entwickeln sich fort und behalten jeweils ihre Eigenheiten.

Insgesamt also ein kurzweiliger, teilweise rasant aufgezogener High-Fantasy-Roman, der die Konkurrenz der Großverlage wahrlich nicht zu scheuen braucht.