Human Target 1 (Comic)

Len Wein, Peter Johnson, Robbie Thompson
Human Target 1
Kopfgeld für den Paten
(Human Target 1 – 4, Human Target Final Cut, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Claudia Fliege
Titelillustration und Zeichnungen von Sergio Redondo, Chris Sprouse, Jason Marsters u. a.
Farbe von Johnny Rench
Panini, 2011, Paperback, 144 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86201-155-1

Von Thomas Folgmann

Christopher Chance ist ein Security-Spezialist, der immer dann aktiv wird, wenn normale Mittel nicht mehr ausreichen. Mit seinen Partnern Winston und Guerrero schützt er das Leben seiner Klienten mit allen Tricks.

Sein neuer Klient ist ein Mafia-Pate, den am Ende seines Lebens das Gewissen plagt. Angelo Morelli will als Kronzeuge auftreten, doch verständlicherweise hat seine ‚Familie‘ etwas dagegen einzuwenden. Und während Chance und sein Kunde rund um die Welt reisen, um Beweismaterial einzusammeln, das der Don versteckt hat, heften sich Killer an ihre Fersen, denen die Sehenswürdigkeiten von Paris, Rom oder Hongkong ziemlich egal sind.

Auf dem Cover ist bereits die Zeile „Die Adaption der TV-Serie" zu lesen, und damit wird, wie später auch im Vorwort, deutlich, dass es sich keineswegs um die ursprüngliche „Human Target“-Comic-Serie handelt. Seinen allerersten Comicauftritt hatte Christopher Chance bereits 1958, und auch im Fernsehen war er bereits 1992 zu sehen, damals verkörpert von Rick Springfield – Schauspieler, Songwriter, Musiker und Sänger. Der Titel erklärt sich auch eher aus den alten Stories, in denen Chance die Rolle seiner Klienten annahm und die jeweiligen Killer so auf sich zog. Sowohl die aktuelle TV-Serie als auch der hier vorliegende Comic sind extrem action-lastig. Die Handlung wird geradlinig vorangetrieben, wenn auch durch regelmäßige Rückblenden versucht wird, dem Ganzen etwas Stil oder Tiefe zu verleihen. Dies gelingt allerdings nicht.

Die hier zusammengefassten fünf Comics bestehen jeweils aus drei beziehungsweise zwei Stories, von denen die jeweils erste die Haupt-‚Handlung‘ beinhaltet: Die Reise mit dem Paten durch Europa mit dem Ziel USA. An sich ist recht schnell klar, wer hinter den Attentatsversuchen steckt, aber im Comic muss die Auflösung nun mal bis zum Schluss warten. Die Verfolgungsjagden und vermeintlichen Action-Sequenzen funktionieren im Comic nicht wirklich. Zu statisch sind die einzelnen Panels angelegt, zu wenig Bewegung wird in den Zeichnungen vermittelt. Dazu kommt die rechte starre Mimik der Protagonisten, die dem Leser nur äußerst selten auch ohne Worte vermitteln könnte, was in den diversen Figuren vor sich geht. Die verschiedenen Schauplätze böten an sich genügend Material um gerade im Zeichnerischen ‚mehr‘ darzustellen; es bleibt aber zu häufig bei einfarbigen Hintergründen oder simplen Straßen- und Häuserzügen die wenig interessante Einblicke in die jeweilige Stadt bieten. Die im Übermaß vorhandene Action ist ebenfalls eher einfallslos in Szene gesetzt. Hier wird das Medium Comic zu wenig ausgenutzt, dass diesbezüglich viel mehr Möglichkeiten böte. Zudem ist Chance viel zu gut und eigentlich nie wirklich in Gefahr. Die Narben, die er in den jeweiligen Zweitstorys mit Geschichten verbindet, sind ähnlich nichtssagend wie diese zweite Storyline überhaupt. In dieser ist er mehr „James Bond“ und darf sich seiner Fehlschläge erinnern. Leider ebenfalls in statisch-unmotivierter Form.

Die grundsätzliche Idee einer reinen Action-Reihe ganz ohne Hintergründe oder irgendwelche nachvollziehbare Beweggründe, mag ihren Reiz haben. Eventuell funktioniert das sogar als TV-Serie mit offenbar mehr oder weniger voneinander unabhängigen Einzelfolgen recht ordentlich. Als Comic scheitert dieser erste Band an der fehlenden Tiefe, die es dem Leser ermöglichen würde, den Protagonisten näher zu kommen. Zudem gibt es keinen echten Antagonisten, der als Feindbild funktionieren könnte. Die Masse der Auftragskiller ist genau das: gesichtslose Masse. Und für Chance spielt es keine Rolle, ob er zwei oder zehn Killer gegen sich hat. Er zählt die Leichen runter, und es bereitet ihm kaum Mühe. sich der Gegner zu entledigen.

Für Fans einfacher Zeichnungen, Panels im alten Stil und Handlung ohne Tiefgang mag der Band durchaus einen gewissen Unterhaltungswert haben. Die Freunde der TV-Serie dürften wenige Zusatzinformationen aus dem Comic gewinnen; sie erwartet bestenfalls eine weitere, hier eben gezeichnete Episode mit Christopher Chance.