Daniel I. Russell: Samhane (Buch)

Daniel I. Russell
Samhane
(Samhane)
Aus dem Englischen übersetzt von Torsten Scheib
Titelillustration von Michael Preissl
Voodoo Press, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 358 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-9502701-6-7

Von Carsten Kuhr

Was gibt es nicht alles für Perversionen auf der Welt. Da erniedrigen sich Menschen gegenseitig zu ihrem sexuellen Vergnügen, verletzten sich körperlich wie seelisch, ja einige Wenige finden ihre Erfüllung gar erst, wenn sie ihren Mitmenschen in Snuff-Videos beim Tod zuschauen. Dass derartige Perversitäten, die weit über die im gegenseitigen Einvernehmen ausgeübten Sado-Maso-Spiele hinausgehen, auch ein entsprechendes Angebot nach sich ziehen, davon berichtet uns der englische, mittlerweile nach Australien verzogene Autor Daniel I. Russel in seinem ersten ins Deutsche übersetzten Werk.

Samhane, der Name steht für eine kleine nordenglische Ortschaft. Hier geht seit Jahren schon Unheimliches vor sich. Kein Wunder, dass der rötliche Bürgermeister einen Spezialisten zu Hilfe ruft. Ein Mann, der zusammen mit seinem minderjährigen Sohn dem übernatürlichen Bösen den Garaus macht. Vor Jahren hat er seine Ehefrau an die dämonischen Wesen verloren, seitdem bietet er seine besonderen Kammerjägerdienste an. In Samhane aber wird der Kammerjäger bereits sehnsüchtig von seiner Beute erwartet...

In dem Ort geht aber mehr vor, als dass nur Ghoule, Werwölfe oder Kobolde von sich hören lassen. Das müssen auch der angehende Schriftsteller Donald und dessen Verlobte Bev leidvoll erfahren. Als Donald bei eBay ein Laptop ersteigert, ahnt er noch nicht, welche Entdeckung er auf der Festplatte machen wird. Das Video einer brutalen Vergewaltigung mit schwersten Verletzungen des Opfers erwartet ihn. Als Roger, der bisherige Besitzer, merkt, dass er die Dateien nicht gelöscht hat, nimmt er Bev als Geisel und befiehlt Donald, zusammen mit dem Laptop nach Samhane zu kommen. Hier, inmitten eines hochherrschaftlichen Anwesens, werden die Gewaltvideos, nur zu oft mit Todesfolge für die Opfer, gedreht. Und hier findet Donald seine Verlobte als angerichtetes Mahl für die kannibalische Meute, der auch er letztlich zum Opfer fallen soll. Gerade noch zur rechten Zeit kommt ihm ein Freund zu Hilfe – doch Zandathru, ein vergessener Gott, älter als die Zeit, der Herrscher über das Entsetzen, die Verwirrung und die Gewalt, will zurückkehren und sein Reich neu errichten – und nur zwei Männer stehen ihm im Weg…

Daniel I. Russels Buch ist wahrlich nichts für schwache Nerven. Das ist kein dezenter Grusel, kein subtiler Horror, das ist Splatter pur, eine Orgie der Gewalt, der Abnormitäten und des Ekels. Da werden Leiber aufgeschnitten, gefoltert und missbraucht, dass die Grenzen des guten Geschmacks tangiert, ja so manches Mal überschritten werden (zum Beispiel im Stuhl der Extase). Geschickt kokettiert der Autor hier mit den Absurditäten des Abnormalen, geht dabei erstaunlich wenig auf die pornographischen Aspekte ein, sondern konzentriert sich fast ganz auf die mitreißende Handlung und die darin ausgelebten Gewaltorgien. Das ist bestimmt kein Mainstream-Horror, sondern richtet sich explizit an eine recht kleine Schar entsprechender Fans. Dabei muss man Russel zugutehalten, dass er eine Handlung mit einem in sich logischen roten Faden unterlegt, dass sein Handlungsbogen sorgfältig konstruiert ist und sich der Text flüssig und auch durchaus spannend liest. Es geht eben nicht nur um das mehr oder minder sinnlose Abschlachten der dämonischen Wesen, sondern auch um das hinter den Angriffen steckende Geheimnis, das Samhane seit Jahrzehnten heimsucht. Hier versucht der Autor, letztlich zwar erfolgreich, für meinen Geschmack aber noch zu dosiert, seine Handlung auf ein größeres Konzept zu stellen. Die bedenkenlose Opferung von Menschen, die Gefühllosigkeit, mit der auch die vermeintlichen Opfer nur zu oft agieren, kann, ja muss man im Sinne einer gewissen Glaubwürdigkeit der Handlung und der Charaktere kritisieren. Hier wäre eine deutlichere Reflektion und Aufarbeitung des Seelenzustands der Erzähler hilfreich gewesen.

Ansonsten ein auf den blutigen Punkt geschriebener Splatter-Thriller, hart, brutal und grausam, für Fans des Sub-Genres sicherlich einen Versuch wert.