Kevin Sands: Die Zwillingsschwerter - Shadow Thieves 2 (Buch)

Kevin Sands
Die Zwillingsschwerter
Shadow Thieves 2
(Seekers of the Fox, 2022)
Übersetzung: Alexandra Ernst
Titelbild: Isabelle Hirtz
dtv, 2023, Hardcover, 398 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Callan ist ein Gauner. Nein falsch, er ist ein Betrüger, ein Aufschneider, ein junger Mann, der es von der Pike auf gelernt hat, reiche Opfer auszunehmen. Ein Hochstapler, dessen Gabe es ihm ermöglicht, Dinge zu entwenden – ja, gemeinhin als Diebstahl bezeichnet - aber immer nur von Opfern, die es verschmerzen können.

Ein Mandant erteilt einen wohldotierten Auftrag und dann plant er den Coup. So war es zumindest bis vor Kurzem. Erwischt hat man ihn nie, er ist ein Meister seines Fachs. Und eigentlich war die letzte Mission recht einfach - zusammen mit vier Gleichaltrigen, sollte Callan dem Obersten der Weber, wie Zauberer genannt werden, aus dessen streng gesichertem Haus ein magisches Kleinod klauen; als Preis winkten zwei Millionen. Er wusste vorab, dass er über den Tisch gezogen werden sollte, doch der Coup reizte ihn - und er ahnte damals nicht, dass er es mit weit mehr als einem toten Kleinod zu tun bekommen würde! Jede Menge Weber, Stockmänner und Schädelknacker sind seitdem hinter ihnen her, von den Elementarwesen (Göttern) mal ganz abgesehen. Als er ein Auge verlor, schien der Coup gelaufen - bis er sich das Objekt der Begierde ins die Augenhöhle setzte - und fürderhin Magie sehen kann… und eine lästige Stimme im Kopf hat.

Dass einer seine Freunde kurz darauf stirbt, von den Toten zurückgeholt wird und seitdem wilde, ungezügelte, zehrende Magie in dessen jungen Körper tobt, die droht diesen dauerhaft zu vereinnahmen, lässt den Gefährten nur eine Chance: Sie müssen eine magische Kur finden. Die Spur führt über ein vor Jahrhunderten gesunkenes Schiff bis hinein in das ehemalige königliche Verlies - mittlerweile die bestens gesicherte Schatzkammer der Weber in deren Stammsitz; ein Ort, wie es ihn besser gesichert schlicht nicht gibt. Doch man soll ja an seinen Aufgaben wachsen…


Beim ersten Teil der neuen Serie von Kevin Sands dachte ich an „Der Clou“ mit Robert Redford in der Hauptrolle, Leigh Bardugos „Krähen“-Reihe und Scott Lynchs Loke-Lamore-Serie. Die Faszination, die von einem clever ausgedachten Raubzug ausgeht, der die trifft, die es verschmerzen können, das ist ein durchaus gängiges Topic.

Was uns Sands hier nun offeriert, das ist beileibe nicht „nur“ ein Jugendbuch, es lässt sicher Leserherzen jeglichen Alters ob der munteren, packenden, spannenden Abenteuer und Fährnisse höher schlagen. Mit hinein verpackt in die cleveren Raubzüge hat der Verfasser durchaus wichtige Themen: da geht es um Verantwortung, Verlässlichkeit, um Pflicht und auch um Opfer für das Allgemeinwohl - das aber alles sehr unauffällig.

Der Plot hat eigentlich alles für einen Fantasy-Roman, der sich an eine erwachsene Zielgruppe richtet - einzig die jugendlichen Protagonisten weisen auf ein Jugendbuch hin. Ansonsten hat der Autor inkludiert, was erprobt, interessant und packend ist. Jede Menge Geheimnisse, eine zwar sehr begrenzte, aber in sich durchaus vielfältige Welt, klasse Handlungsschauplätze (inklusive Vulkanausbrüche, Tiefsee-Abenteuer mit gesunkenen Schatzschiffen, Luftschiffreisen, Verliesen etc.), eine eigene Götterwelt und unerwartete Wendungen zuhauf. Zu erwähnen auch, dass die Gewaltschilderungen wohltuend dezent ausgefallen sind.

Schade nur, dass das Abenteuer allzu schnell vorbei ist und der Verfasser uns seine Geschichte um Callan und seine Freunde bislang zumindest auch im Original noch nicht zu Ende erzählt hat.