James Rollins: Erddämmerung (Buch)

James Rollins
Erddämmerung
(The Starless Crown, 2021)
Übersetzung: Michael Siefener
Heyne, 2022, Paperback, 846 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Die Erde in einer sehr fernen Zukunft. Unser Planet wendet der Sonne inzwischen immer dieselbe Seite zu, entsprechend ist die Gluthölle dieser Bereich für Lebewesen tödlich. Auch die der Sonne abgewandten Seite eignet sich, dank arktischem Dauerfrost, nicht zum Leben. Die wenigen Menschen, die den Planeten überhaupt noch bevölkern, teilen sich den recht kleinen Gürtel, Krone genannt, zwischen Sonnen- und Nachtseite.

Industriell auf ein archaisches Niveau zurückgefallen, fristen sie ein mühsames, ein karges Dasein. Hier wächst das Findelkind Nyx in den Sümpfen des Myr auf. Sein Ziehvater kümmert sich rührend um das aufgeweckte, blinde Kind. Dank ihrer besonderen Gaben kann sie aber ihre Umgebung  erfühlen und kommt erstaunlich gut zurecht. Eines Tages wird sie von einem Flederwesen angegriffen und gebissen. Sie überlebt, was bislang noch niemand gelungen ist, den giftigen Biss - seitdem aber plagt sie eine Vision, in der der Mond auf die Erde stürzt.

Der König sendet seinen Zweitgeborenen aus, das Orakel an den Hof zu holen - doch damit beginnen die Abenteuer erst. Zusammen fliehen sie, ihnen schließen sich weitere Kameraden an - ihr Ziel: den Absturz des Mondes zu verhindern.


James Rollins ist uns durch seine phantastisch angehauchten Thriller um die Sigma Force ein Begriff. Schon einmal hat er, damals unter dem Pseudonym James Clemens, eine High-Fantasy-Serie bei Heyne veröffentlicht. Nun legt er mit diesem Titel, dem ersten eines auf vier Bände projektierten Zyklus, einen erneuten Ausflug in die Reiche der Phantasie vor.

Mal abgesehen davon, dass Heyne uns den Serien-Charakter des Bandes zunächst verschweigt und das Buch mit einem nicht ganz passenden Titelbild offeriert - das Gebotene ist Fantasy, keine SF -, liest sich der Roman… nun, zunächst etwas zögerlich.

Der Verfasser lässt sich Zeit; er nutzt den Raum, der sich ihm bietet, um uns in aller Ruhe seine Figuren und deren Umgebung vorzustellen. Das dauert gerade zu Beginn des Bandes doch recht lange, strapaziert die Geduld des Lesers. Als Vorteil sind die Figuren wie die Handlungsorte natürlich dann recht ausgereift und detailreich gezeichnet.

Dann beginnt das, was wir von klassischer Questen-Fantasy kennen: Unser Held - hier eine Heldin - sammelt ihre Unterstützer um sich, die Queste wird angegangen und unsere Gruppe stößt auf Herausforderungen, Geheimnisse und Gefahren satt.

Sobald man also die Durststrecke des Beginns erfolgreich hinter sich gebracht hat, erwartet uns ein Plot, der zwar nichts überwältigendes Neues offeriert, der aber durchaus kurzweilig zu unterhalten weiß. Die Perspektive wechselt immer wieder von einer Figur zur anderen, wobei diese Wechsel innerhalb eines Kapitels, anders als im Original, leider nicht näher kenntlich gemacht werden.

Insgesamt zu lang ausgefallen wartet so ein munteres Abenteuer auf uns, das auch aus der Welt seine Faszination zieht, das aber insbesondere durch die Figuren geprägt ist.