Olivia Atwater: True Crown - Der Mantel des Elfen-Lords (Buch)

Olivia Atwater
True Crown - Der Mantel des Elfen-Lords
Regency-Trilogie 2
(Ten Thosand Stitches, 2022)
Übersetzung: Doris Attwood
cbj, 2023, Hardcover, 350 Seiten, 19,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Lord Colver, besser gesagt seine Gattin, führt einen hoch-herrschaftlichen Haushalt ein wenig außerhalb der Metropole. Auch wenn das Geld eigentlich vorne und hinten nicht reicht, will das adelige Paar doch überall mithalten können.

Verlässt eine Angestellte aufgrund eines Wutausbruchs der Lady das Haus, wird die Stelle einfach nicht besetzt - Arbeitszeiten von 6.00 bis 24.00 Uhr sind daher für die zurückgebliebenen Untergebenen eher die Regel, als die Ausnahme.

Euphemia Reeves, die alle nur unter ihrem Spitznahmen Effie kennen, ist eine dieser bescheidenen, fleißigen Bienchen, die dafür Sorge tragen, dass der Haushalt nicht zusammenbricht. Dass sie die ständigen Anfeindungen der Hausherrin leid ist, dass sie die Ungerechtigkeit aufregt, frisst sie in sich rein. Nach außen bleibt sie freundlich und höflich.

Die neueste Marotte ihrer Herrin, nachdem sich der Haushalt keine französischen Hausmädchen - der Chick der Saison - leisten kann: Allen Angestellten wird kurzerhand ein französischer Name verpasst. Kurz vor dem anstehenden Ball kehrt der jüngere Bruder des Lords von einer Reise zurück - und Effie verliebt sich Hals über Kopf in den Beau.

Als sie dem Trubel des Balls kurzfristig, um ihr Mütchen zu kühlen, in den Garten entflieht, stößt sie dort auf Lord Blackthorn, in den Feenlanden besser bekannt als Juniper Jubilee. Dieser sucht, als Bewunderer der englischen Lebensart, Kontakt zu den Angestellten, um sich und seine Rolle besser ausfüllen zu können.

Schon bald merkt Effie, dass sie ohne magische Unterstützung bei der vermeintlichen Liebe ihres Lebens nicht wird landen können - doch sie hat ja den Elf.

Wie immer, wenn Elfen mit im Spiel sind, ist natürlich ein Preis zu berappen - dieses Mal eine Wette. Entweder er gelingt ihr, unter tatkräftiger Mithilfe des Elfen, den Lord binnen 100 Tagen zu ehelichen, oder sie muss fürderhin im Elfenreich putzen - und den Mantel des Elfen mit 10.000 wunderschönen Stickereien verzieren, darf sie dann auch noch…


Von der Grundanlage her, erinnert der Plot natürlich frappierend an das Achenputtel-Märchen. Statt einer guten Fee aber nutzt Atwater einen ganz untypischen Elfen - einen, dessen Agenda einmal nicht lautet, zu versuchen seine Opfer hereinzulegen, sondern jemand, der wirklich helfen will.

Die Verfasserin nutzt ihre humorvoll aufgezogene Handlung aber auch, um deutliche Kritik an den damals - wie teilweise heute noch - herrschenden Standesunterschieden zu üben. Die Wahrnehmung der Realität unterscheidet sich teilweise markant, je nachdem, aus welcher Schicht der Betrachter stammt. Diener werden von den Herrschaften als unpersönliche Dinge angesehen, mit denen man machen kann, was man will. Als Adeliger von Rang und/oder Vermögen kann man sich alles herausnehmen, ohne jemals eine Rechtfertigung für das eigene Verhalten abgeben zu müssen, oder gar zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Regency Romance, so nennt man die Spielart, die uns Olivia Atwater nun bereits im zweiten von insgesamt drei Bänden kredenzt. Und Atwater versteht ihr Handwerk - amüsant, kurzweilig und spannend bietet sich die Lektüre an; nicht ganz so tempo- und abwechslungsreich wie der erste Band der kleinen Trilogie, aber durchaus gelungen. Zu erwähnen noch, dass der Verlag dem Buch einen Rundumfarbschnitt gegönnt hat.