John Sinclair 2077: Ausbruch aus der Schreckenshöhle, Ian Rolf Hill (Buch)

John Sinclair 2077
Ausbruch aus der Schreckenshöhle
Ian Rolf Hill
Titelbild: Timo Wuerz
Bastei, 2018, Romanheft, 68 Seiten, 1,80 EUR

Rezension von Elmar Huber

„Die Geräusche auf dem Felsplateau wurden von Sekunde zu Sekunde verstörender. In das sonore Brummen und das rhythmische Grunzen, das Bilder von kopulierenden Schweinen in Büttners Geist aufflackern ließ, mischen sich jetzt peitschende Laute. Ein gackerndes Gelächter folgte.“

Sonntag, 29. April: John Sinclair freut sich auf einen erholsamen Sonntag, als plötzlich Chris Ainsworth in seiner Wohnung auftaucht. Seit drei Tagen versucht er vergeblich, seine Freundin Jane Collins zu erreichen, die sogar eine Verabredung nicht eingehalten hat, und das ganz ohne Absage. Chris weiß nur, dass sie in ihrer Eigenschaft als Privatdetektivin einen Kurierdienst für eine gewisse Isabell Munro übernommen hat. Alle Bemühungen, Jane zu orten, schlagen fehl. Ihr letzter bekannter Aufenthaltsort ist Hannover in Deutschland.

Parallel erhält der Geisterjäger einen weiteren Hilferuf, ebenfalls aus Deutschland: Harry Stahls Partnerin Dagmar Hansen ist verschwunden, nachdem sie die Ermittlungen zu einigen merkwürdigen Ereignissen am Brocken aufgenommen hat, dem sagenhaften Hexenberg im Harz.

„Auch die restlichen sechs Dämoninnen suchten sich jetzt Männer, die sie besteigen konnten. Und obwohl ihre gebogenen Nasen wie Vogelschnäbel aus den Fratzen ragten, erinnerte kaum etwas an die Darstellung von Hexen in den Märchenbüchern. Sie hatten auch nichts mit den naturverbundenen Frauen des Wicca-Kultes zu tun. Diese Geschöpfe waren Dämoninnen mit übernatürlichen Fähigkeiten.“


Passend zur Walpurgisnacht am 30. April (der Roman erschien am 2. Mai) hat Ian Rolf Hill ein Hexen-Abenteuer verfasst, das sogar am legendären Brocken spielt. Ausgerechnet an diesen Berg im Harz führt es John Sinclair zurück, wo er einst das ‚Buch der grausamen Träume‘ gefunden hat, mit dessen Hilfe er seinen gefährlichsten Gegner, den Schwarzen Tod, besiegen konnte.

Natürlich ist es kein Zufall, dass die beiden Frauen gleichzeitig in dieser mystischen Gegend verschwunden sind. Heuer fällt nämlich die Hexennacht auf einen Vollmond, und mit dem „Hexen-Express“, einer Schmalspur-Bahn mit Dampflokomotive, sollen nicht nur verkleidete Touristen, sondern auch echte Hexen zum Brocken kommen. Jane und Dagmar haben als Opfer zu dienen, um Asmodis nach dessen Niederlage auf Avalon (siehe Band 2054: „Finale auf der Nebelinsel“) wieder zu stärken. Die Drahtzieherin des Ganzen ist Lilith, die die Nachfolge des Schwarzen Todes angetreten und die Brocken-Hexen unter ihre Fittiche genommen hat.

Während Jane und Dagmar in einer Höhle im Brocken gefangen sind, muss sich die Kavallerie - John, Suko und Harry - der unter dem Einfluss der Hexen stehenden Dorfbewohner erwehren. Wenn der Mob sich mit Mistgabeln vor dem Försterhaus versammelt und im Hintergrund die Hütte brennt, kommt schönes, altmodisches Grusel-Feeling auf. Eindringlich sind auch Ian Rolf Hills Beschreibungen der Hexen als vogelartige Vetteln, die sich auf die Schultern ihrer Opfer schwingen und ihnen Anweisungen in die Ohren flüstern.

Die Redaktionsseiten „Briefe aus der Gruft“ bieten einen kurzen Werkstattbericht über Florian Hillebergs Besuch im Örtchen Schierke, in dessen Nähe auch der Roman spielt.

„Ausbruch aus der Schreckenshöhle“ beginnt als „Fall der Woche“, verwurzelt sich aber mit fortschreitender Handlung immer mehr im großen Sinclair-Kosmos. Darüberhinaus ist der Roman ein sehr gelungener und stimmungsvoller Regional-Gruseler.