Stefan S. Kassner: HORA HOMINIS 1: Frauenwerk - Steampunk 1 (Buch)

Stefan S. Kassner
HORA HOMINIS 1: Frauenwerk
Steampunk 1
Titelbild: Atelier Bonzai
Ashera, 2022, Taschenbuch, 302 Seiten, 15,90 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Ein Mord erschüttert das Herz des Empires: Ein Gentleman, ein Großindustrieller wurde ermordet - am Tatort wurde der Verantwortliche, ebenfalls ein Mann untadeliger Herkunft und Familie, festgenommen. Was nur hat Sir Howard Grant dazu bewogen, das abscheuliche Verbrechen zu begehen? Ein Motiv gibt es nicht, vom Ableben profitiert allein die Witwe des Verblichenen, die die Leitung der Fabriken übernimmt. Dass ihr verstorbener Ehegatte kurz vor seinem Tod sein Testament noch geändert hat und seine Mutter als Hüterin über die Fabriken eingesetzt hat, war weder der Erbin, noch der Allgemeinheit bekannt.

Dumm gelaufen, könnte man sagen - doch so einfach lassen sich die Hintermänner - oder genauer: Hinterfrauen – des Geschehens in ihren Plänen für die Zukunft des Empires und natürlich ihre eigene Karriere nicht ausbremsen.

Die aus einfachen Verhältnissen stammenden Eve, die in Howard verliebt ist, kann nicht glauben, dass ihr Galan die ihm zugeschriebene Tat begangen hat. Warum sollte er, was hätte er davon und warum verhält er sich so sonderbar, als sie ihn zum ersten Mal im Tower besucht?

Sie macht sich auf die Suche und stößt bald auf Irene Dorchester, eine Emanze mit Weltmachtsphantasien. Dank deren genialen Erfindungen und ohne jeden Skrupel, will sie das Patriarchat stürzen – egal, was es kostet.

Eve und ein kleines, niedliches und sehr einfallsreiches künstliches Wesen, das sie TwoClocks genannt hat, stellen sich der Anarchistin in den Weg.


Zunächst ist anzumerken, dass der Roman in sich nicht abgeschlossen ist. Die Fortsetzung der Abenteuer ist bereits mit „Männerwerk“ in Vorbereitung.

Dies vorausgeschickt zu vorliegendem Buch. Stefan S. Kassner nutzt das beliebte Bild des viktorianischen Londons als Handlungsort seiner Erzählung.

In diese Kulisse platziert er seine wenigen, handlungsrelevanten Figuren. Allerdings bleiben diese in ihrer Zeichnung zunächst recht oberflächlich, ja stereotyp. Hier die aufrecht Liebende aus einfachen Verhältnissen, dort die intrigante Sufragette, die zur Erreichung ihres Ziels über Leichen geht. Wobei Sufragette vielleicht auch nicht ganz die richtige Bezeichnung ist, geht es Irene doch in allererster Linie um - sich selbst. Eine ebenso geniale, wie irre Erfinderin also, dazu ein paar Helfer für beide Kontrahentinnen und TwoClocks, ein kleiner Roboter mit Witz und Herz.

Der Plot selbst ist in sich nicht ganz stringent und logisch, bietet aber jede Menge Verwicklungen und Geheimnisse satt. Man kann getrost sagen, dass es unserer Eve und den Lesern da nicht unbedingt langweilig wird.

Das liest sich angenehm flüssig, deutet das Potential aber bislang mehr an, als dass der Text dieses ausschöpft. Für meinen Geschmack pendelt der Verfasser zu sehr zwischen interessanten Ideen - etwa einem im Inneren komplett beweglichen Haus -, dem Versuch Irenes, das Patriarchat mittels ihrer Erfindung dauerhaft zu stürzen, humorvollen Passagen und dem oftmals wenig glaubwürdigen Agieren Eves hin und her. Warten wir mit dem endgültigen Urteil auf den die Handlung abschließenden zweiten Teil.