Nova Ostermond: Stolz unterworfen: Ich bin dir verfallen (Buch)

Nova Ostermond
Stolz unterworfen: Ich bin dir verfallen
Blue Panther Books, 2022, Taschenbuch, 174 Seiten, 12,90 EUR

Rezension von Irene Salzmann

Viele Jahre kann die Enddreißigerin Lina den Tod ihrer großen Liebe Gabriel nicht überwinden. Das Pech bleibt ihr treu: Ihr erotischer Roman floppt, nicht zuletzt, wie sie glaubt, wegen der bösen Kommentare einer Rezensentin. Sie fliegt aus der WG, weil sie die Miete mangels eines Jobs nicht aufbringen kann. Dennoch hat sie Glück im Unglück, weil ihre beste Freundin Lissi, nachdem der erwachsene Sohn ausgezogen ist, sie bei sich wohnen lässt und durchfüttert.

Zufällig wird Lina auf den angesagten amerikanischen Rapper Danny aufmerksam. Er sieht genauso aus wie Gab! Neugierig recherchiert sie den Werdegang des mehr als zehn Jahre jüngeren Mannes, der ebenfalls einen tragischen Verlust erlitten hat, denn seine Ashley, die er stets Audrey (nach Audrey Hepburn) nennt, wurde ihm durch einen Unfall entrissen. Obwohl seine Musik Lina nicht mal zusagt, findet sie in dem ihr unbekannten Danny ob der Berichte und seiner Texte so viel Vertrautes, Tröstliches und auch etwas faszinierend Dunkles, dass sie ihm etwas zurückgeben möchte.

Zwar kommt sie sich töricht wie ein verknalltes Teenie-Groupie vor, doch übersetzt sie ihr Buch ins Englische und schickt es ihm zusammen mit einem kurzen Brief. Danny ist überrascht, sehr angetan und gerührt zugleich. Diese Frau will er unbedingt kennenlernen, weshalb er es einrichtet, dass er ihre wenig beachtete Lesung besucht, und anschließend Kontakt zu ihr aufnimmt. Es folgen Telefonate, die schnell zu Telefonsex werden, und schließlich die Einladung nach Kalifornien in sein Haus. Was dort passiert, lässt das von beiden erhoffte Glück wie eine Seifenblase platzen.


Das Thema scheint auf den ersten Blick an eher jüngere Leserinnen adressiert zu sein, denn Schwärmereien für einen Star sind im Teenie-Alter üblich, meist bevor man den ersten Freund hat. Damit dieser Hintergrund nicht zu sehr wie das Handlungsgerüst erscheint, der er tatsächlich ist, gibt es kleine Szenen mit durchgeknallten Fans, geldgierigen Managern und dem desillusionierten, müden Künstler, der auf dem Zenit seines Erfolgs feststellt, dass er genug verdient hat, um aufhören und das tun zu können, was er wirklich möchte.

Der zweite Blick lenkt auf die eigentliche Problematik. Lina ist eine MILF (Mom I’d Like to Fuck), eine reife, immer noch attraktive Frau, die das Interesse jüngerer Partner erregt und schon deshalb nicht in das Teenie-Groupie-Schema passt, wobei ihr der des Rummels um seine Person überdrüssige Star entgegenkommt. Ergänzt wird dieser Aspekt durch das esoterische Moment, denn Lina und Danny spüren eine besondere Bindung zueinander, die sogar noch von ihren verstorbenen Partnern gesegnet, ja, eingefädelt scheint (Erzengel Gabriel).

Infolgedessen ist weder der Konflikt, der sie vorübergehend trennt, noch eines der anderen Ereignisse, nicht einmal die Aufdeckung von Linas Geheimnis, weshalb sie dominiert werden möchte, eine wahre Überraschung oder gar eine Gefahr für die zuckrige Liebesgeschichte. Alle Puzzlestücke fallen am Schluss an ihren Platz, und das gewünschte Happy End erfreut die harmoniebedürftige Leserschaft.

Realistisch betrachtet, ist ein solches „Cinderella“-Märchen wenig wahrscheinlich. Abgesehen von den bereits genannten idealisierten Eckpunkten der Handlung fragt man sich, welche ‚beste Freundin‘ jemanden länger rundumversorgt, der nicht mal versucht, eine Arbeit zu finden, sondern seinen Grillen nachhängt, in diesem Fall dem Wunsch, als Autor oder Maler erfolgreich zu sein und einem Superstar zu gefallen. Den Misserfolg eines Buchs dem Rezensenten zuzuschreiben, ist billig, obschon es rachsüchtige Kritiker gibt - genauso wie Mimosen-Autoren, die giftig werden, wenn ihr Werk alles andere als Nobelpreis verdächtig ist und man es auch ausspricht.

Letztendlich gibt es die schon fast unvermeidliche political correctness, denn Lina ist deutsch-marokkanischer Abstammung und somit PoC (People of Color), isst kein (Schweine-) Fleisch und betrachtet sich als nicht-religiös, derweil Danny ein Musik-Video nochmal drehen muss, weil im Hintergrund des ersten Films ein „Rechter“ zu sehen ist. Ob das Publikum, das sich nur von einer Lektüre unterhalten lassen will, auch noch in Erotika von solchen Themen lesen mag, sei dahingestellt.

Die Autorin mit dem Pseudonym Nova Ostermond, die bereits mit einigen Titeln an die Öffentlichkeit ging, scheint teilweise ihre eigene Person (Grafik-Design, kreatives Schreiben, vegetarische Küche) in ihren Büchern abzubilden. Auch wenn der Hintergrund von „Stolz unterworfen: Ich bin dir verfallen“ sehr esoterisch, märchenhaft und absichtlich mit politisch korrekten Extras (für die Handlung irrelevant) daherkommt, schreibt sie flüssig, unterhaltsam und lässt ihre Figuren sympathisch genug wirken, dass man an ihren Schicksalen Anteil nimmt. Hätte sich Nova Ostermond mehr auf ihren Roman als auf die Nebenbei-‚Belehrung‘ konzentriert, wäre ein fünfter Bewertungsstern drin gewesen.