Manuel Charisius: Streuner (Buch)

Manuel Charisius
Streuner
Titelbildgestaltung von Nele Schütz Design
Farbkarte von Iris Daub
Heyne, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 574 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-453-52702-7

Von Christel Scheja

Der 1979 geborene und als Redakteur sowie Webdesigner arbeitende Manuel Charisius gehörte zu den Finalisten des von Heyne ausgeschriebenen Romanwettbewerbes „Schreiben Sie einen magischen Bestseller“. Zwar gewann sein Buch nicht den ersten Preis, wurde aber jetzt wenigstens in der Fantasy-Reihe veröffentlicht, was bei solchen Wettbewerben nicht gerade selbstverständlich ist. In seinem Buch stehen nicht Menschen sondern anthropomorphe Geschöpfe im Mittelpunkt.

Wolf gehört einer Rasse von aufrechtgehenden Wölfen an, die auch „Streuner“ genannt werden und in Friesen mit Menschen, Elben und Scherenschnecken in den sieben Königreichen zusammenleben. Er arbeitet nach langen Jahren des Soldatendienstes nun friedlich und glücklich als Tischler, ist in seinem Beruf anerkannt und hat sogar eine hübsche und nette Freundin, mit der er ein gemeinsames Leben plant. Die hohe Politik interessiert ihn nicht mehr, allenfalls die Diskussionen mit alten Kameraden und heutigen Kollegen in der Schänke.

Doch genau dort nimmt ein Abenteuer seinen Anfang, das sein Leben von Grund auf umkrempelt und die letzten Jahre vergessen lässt. Obwohl er selbst schon einiges getrunken hat, bekommt er mit, dass sich zwei Leute neben ihm darüber unterhalten, alle Könige der sieben Reiche ermorden zu lassen. Chaos wäre dann vorprogrammiert – und Platz für einen neuen Machthaber. Zunächst gibt Wolf nicht viel darauf, dann aber geht die Kunde von der Ermordung des Königs des Nordreiches durch die Stadt. Außerdem scheint es jemand auf ihn abgesehen zu haben – die finsteren Gesellen wollen ihren unliebsamen Zeugen loswerden.

So hat der Streuner keine andere Wahl, als die Flucht nach vorne. Gemeinsam mit Falbe, Balderdachs und Zilberpardel, die unterschiedlicher nicht sein könnten, macht er sich auf, um die anderen Herrscher vor dem Komplott zu warnen und ihre Ermordung zu verhindern.

Der erfahrene Leser erkennt schnell, hier handelt es sich um klassisches Abenteuergarn, das auch immer gerne in Rollenspielromanen benutzt wird, denn wie oft geraten dort Gruppen nicht auch eher zufällig in eine Geschichte, die ihnen gar nicht behagt, und die sie zu Ende führen müssen, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Manuel Charisius setzt es sehr gekonnt in Szene: Auf der einen Seite stolpern die Helden von einer gefährlichen Situation in die andere und wissen nicht genau, wem sie eigentlich vertrauen können, auf der anderen würzt er die Handlung auch mit einem ordentlichen Schuss Humor. Das liegt vor allem an den höchst unterschiedlichen Charakteren, deren Meinungen und Verhalten immer wieder aufeinandertrifft und zu Reibereien führt. Es grenzt daher an ein Wunder, dass die Helden überhaupt ihr Ziel erreichen.

Dennoch sind es die Figuren, die die Geschichte tragen. Auch wenn sie sehr vermenschlicht wirken, so gibt es doch immer wieder kleine Eigenarten, die ihre tierische Natur deutlich machen. Sie entwickeln eine Persönlichkeit, die sich deutlich einprägt, sind ganz und gar nicht steif und werden durch die Flachsereien sehr lebendig. Das kann ein wenig darüber hinwegtrösten, dass der Autor im Verlauf der Geschichte ein wenig sein Ziel aus den Augen verliert und Probleme, mit denen er nicht mehr umgehen kann, mal eben im Vorübergehen löst und sich dann wieder bei Kleinigkeiten viel zu lange aufhält. Dennoch schreibt er sehr flüssig und abwechslungsreich, so dass die Längen kaum auffallen und auch das Ende ist sehr zufriedenstellend.

Alles in allem ist „Streuner“ ein unterhaltsamer Roman für alle Leser, die abenteuerliche und flott geschriebene Fantasy mögen und auch schon einmal über die erkennbaren Schwächen im Plot hinwegsehen können, weil es immerhin das Debüt des Autors ist. Denn die Figuren und die vielen einfallsreichen Details geben dem abwechslungsreichen Werk die richtige Würze.