Iain Banks: Welten (Buch)

Iain Banks
Welten
(Transition, 2009)
Aus dem Englischen von Friedrich Mader
Titelgestaltung von Nele Schütz Design
Heyne, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 560 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-453-52710-2

Von Armin Möhle

„Welten“, der neueste, in einer deutschen Fassung erschienene Roman des schottischen Autors Iain Banks, ist zwar ein SF-Roman, aber nicht in seinem „Kultur“-Universum angesiedelt, das sich, überwiegend jedenfalls, durch die souveräne Beherrschung kosmischer Sujets und durch innovative Variationen von Standard-Plots der Space Opera auszeichnet. Heyne hat zuletzt mit „Der Algebraist“ (Heyne Paperback 52201) 2006 einen Non-„Kultur“-Roman veröffentlicht (auch als Heyne TB 52537, 2009), der letzte Band aus dem Zyklus, „Die Sphären“ (Heyne Paperback 52800), erschien 2008.

In „Welten“ greift Banks das Multiversum- beziehungsweise Parallelwelten-Konzept auf. Der wichtigste Protagonist des Romans ist nicht der in dem Klappentext genannte Börsenmakler Adrian Cubbish, sondern Temudschin Oh, ein Springer zwischen den Welten. Sein Talent wird von dem sogenannten Konzern entdeckt, der die Reisen zwischen den Welten kontrolliert, bei denen es sich um die Erde in verschiedenen Variationen handelt. Zunächst wird Temudschin Oh eingesetzt, um Ereignisse in den anderen Welten zu beeinflussen, später auch als Killer. Zu diesem Zeitpunkt nimmt Mrs. Mulverhill, die sich von dem Konzern losgesagt hat, Kontakt mit ihm auf und versucht, ihn von den verschwörerischen Motiven des Konzerns zu überzeugen. Für Temudschin Oh beginnt die Reise durch verschiedene Welten, während der er eigene Motive verfolgt und schließlich von dem Konzern gejagt wird. Parallel werden unter anderem Stationen aus dem Leben Adrian Cubbish' beschrieben, der im Showdown des Romans eine wichtige Rolle spielen wird.

Das Multiversum-Konzept ist in der Science Fiction ein bekanntes Sujet. Es ist schon verblüffend, dass der russische Autor Sergej Lukianenko in seinen Romanen „Weltengänger“ (Heyne Paperback 52349, 2007) und „Weltenträumer“ (Heyne Paperback 52460, 2008) ein ähnliches Konzept verwandte: Auch in diesen Romanen beschränkten sich die Parallelwelten auf Versionen der Erde, in denen die geschichtliche, politische und wissenschaftliche Entwicklung einen anderen Verlauf nahm. In „Weltengänger“ und „Weltenträumer“ gehen die Reisen in die Parallelwelten ebenfalls nur von einer einzigen Erde aus. In „Welten“ bleibt das Ziel der Verschwörung des Konzerns nebulös; immerhin wird angedeutet, dass bislang keine anderen Planeten erreicht und Aliens entdeckt wurden. Damit geht „Welten“ immerhin über „Weltengänger“ und „Weltenträumer“ hinaus.

„Welten“ ist, für den Autor typisch, brillant und routiniert geschrieben. Lediglich einige weitschweifige Passagen in den Beschreibungen und in den inneren Monologen der Protagonisten fordern die Geduld des Lesers heraus. Erst gegen Ende der Lektüre wird deutlich, dass „Welten“ die Erwartungen an innovative Ideen oder zumindest an ausgefallene Variationen von Standard-Plots, die der Leser aufgrund der früheren Romane des Autors hegt, nicht erfüllt.

Es ist für einen Autor, der bereits eine Reihe von sehr guten Romanen im Genre verfasst hat, die sich zum Teil und ohne Übertreibung als Meisterwerke bezeichnen lassen, schwierig, sich mit neuen Werken zu übertreffen. Das sollte man als Leser anerkennen. Und es betrifft nicht nur Iain Banks. Nichtsdestotrotz ist „Welten“ der schwächste Roman des Autors, der in den letzten Jahren in Deutschland erschienen ist, und lässt die vorangegangenen Romane, „Der Algebraist“ und „Die Sphären“, in einem etwas anderen, positiveren Licht erscheinen. Leser, die Banks zu schätzen gelernt haben, sollten in Betracht ziehen, die (etwaige) Veröffentlichung einer günstigeren (Taschenbuch-) Variante von „Welten“ abzuwarten.