Tanya Huff: Blutzoll (Buch)

Tanya Huff
Blutzoll
Blut-Linien 1
(Blood Price, 1991)
Übersetzung: Oliver Hoffmann
Lindwurm, 2022, Taschenbuch, 418 Seiten, 15,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Vor einigen Jahren war auf RTLZWEI die kanadische Serie „Blood Ties - Biss aufs Blut“ zu sehen. Nach Lyx und Feder & Schwert hat nun der Lindwurm Verlag erneut zugegriffen und präsentiert die Vorlage dem deutschsprachigen Leser zum mittlerweile dritten Mal. Nun sind die Macher im Verlag ja keine Laien, die von Tuten und Blasen keine Ahnung hätten: Sie wissen sehr wohl, ob eine Reihe Potential hat - auch heute, da Vampirgeschichten in der Jetztzeit nicht mehr ganz so hoch im Kurs stehen.

Urban Fantasy, unter diesem Signet kann man auch die insgesamt sechs Bände einordnen, die damals - lange vor dem Boom - erschienen sind und nun sukzessive neu aufgelegt werden. Es gibt Menschen und Vampire, ein paar Werwölfe dürfen auch mitmischen, eine toughe Frau zwischen zwei Männern - eigentlich kann man da verkaufstechnisch gesehen nichts wirklich falsch machen.


Heldin der fünf Romane (Buch 6 beinhaltet eine Sammlung von Storys) ist die ehemaligen Polizistin Vicky Nelson. Ihren geliebten Job in der Mordkommission von Toronto hat sie aufgrund eines zunehmenden Augenleidens aufgeben müssen. So fristet sie ihr Dasein als Privatdetektivin - und sie ist gut in ihrem Job. Meist sind die Jobs zwar nicht sonderlich anspruchsvoll, doch die Miete will schließlich auch bezahlt sein.

Doch Toronto hat mehr zu bieten als ein in der Dämmerung hochgeklapptes Pflaster und seine Eishockey-Mannschaft. Gar Merkwürdiges geht vor in der kanadischen Metropole. Leichen werden entdeckt, denen das Blut fehlt. Die Regenbogenpresse hat ihre Sensation, und Vicky täte nichts lieber, als das Mysterium zu untersuchen und eine rationale Erklärung für die Vorgänge zu finden. Doch das übernehmen jetzt andere; sie, die langsam erblindet, ist da außen vor.

Kollege Zufall kommt ihr schließlich zu Hilfe. Eines Tages entdeckt sie eine Leiche, der die Gurgel herausgerissen wurde, das Blut ist aus den Adern verschwunden. Während ihr Ex-Geliebter Mike Celluci von Berufs wegen dem Täter nachspürt, macht sie sich zunächst nur aus Neugier an weitere Nachforschungen. Am Tatort des nächsten Mordes überrascht sie einen jungen, höflichen Mann. Ist er der Täter, von dem die Zeitungen in großen Lettern berichten?

Seinen Lebensunterhalt verdient der nette Herr mit dem Verfassen von historischen Liebesromanen, die sich durch geschichtliche Akkuratesse auszeichnen. Warum aber verlässt Henry Fitzroy seine Luxuswohnung immer nur nach Sonnenuntergang? Eine Allergie, ein Spleen - oder?

Der Urban Fantasy erfahrene Leser ahnt, was Vicky erst mühsam eruieren und zögerlich akzeptieren muss. Der nette Herr mit den gepflegten Umgangsformen ist der uneheliche Sohn Heinrichs VIII., ein Nosferatu. Auf seine unaufdringliche Art wirbt er um die Gunst Vickys und macht sich mit dieser zusammen auf die Jagd nach dem wirklichen Täter.


Nach einigen Jahren, in denen die Urban Fantasy mehr vor sich hindämmerte, zieht die Nachfrage derzeit langsam wieder an. Insoweit ist die Neuauflage dieser Reihe keine wirkliche Überraschung.

Es geht einmal mehr auch um emotionale Verwerfungen, um das Spiel der Gefühle, um Zuneigung, Verlangen und Liebe; doch stehen diese Elemente in der sich abzeichnenden Dreiecksgeschichte nicht ganz so im Vordergrund, wie in vielen anderen einschlägigen Titeln. Stattdessen konzentriert sich die Autorin stark auf ihre Krimi-Handlung. Die Jagd nach dem Täter, die Suche nach Indizien, nach einer Erklärung und dem Motiv bestimmt über weite Strecken die Handlung.

Und das ist gut so. Im Verlauf der abwechslungsreichen Hatz lernen wir unsere Personen kennen, offenbaren diese ihre Eigenheiten und Marotten. Natürlich ist das keine hochgeistige Literatur, und auf wirklich Neues oder Herausragendes wartet der Leser vergebens. Viele der Nebendarsteller sind schablonenhaft beschrieben, die üblichen Klischees werden bedient - aber so, dass es nicht weiter negativ auffällt.

Das ist flott geschriebene Unterhaltung ein wenig abseits der inzwischen so ausgetretenen Pfad - gefällig und spannend zu lesen; nicht mehr, aber auch nicht weniger.