Luther Strode Gesamtausgabe (Comic)

Luther Strode Gesamtausgabe
(Luther Strode - The complete Series, 2017)
Text Justin Jordan
Zeichnungen: Tradd Moore
Übersetzung: Christian Heiß
Cross Cult, 2022, Hardcover, 544 Seiten, 40,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Superhelden-Geschichten beziehen ihren Reiz oft daraus, dass ein Niemand durch eine Mutation oder äußeren Einfluss durch Magie oder Technik zu einem Überwesen wird und dadurch Gutes tun kann; ein Wunsch, den sicherlich auch viele Kinder in einem bestimmten Alter kennen, in dem sie sich ohnmächtig fühlen. Und natürlich heben diese Abenteuer auch die guten Seiten hervor. Dass es auch anders laufen kann, erzählen Künstler wie Justin Jordan und Tradd Moore in ihrer Geschichte um Luther Strode, die bei Cross Cult nun als Gesamtausgabe erschienen ist.

 

Luther Strode ist ein Nerd, wie er im Buche steht, schmächtig und Brillenträger, eher hilflos und zurückhaltend. In der Schule wird er vor allem im Sportunterricht immer wieder verprügelt und ausgelacht. Aber irgendwann reicht es ihm und er bestellt auf eine Anzeige in einem alten Comic hin eine Broschüre mit dem Titel „Die Herkules-Methode“.

Und man glaubt es kaum, die Ratschläge, die er dort bekommt, verändern ihn nicht nur körperlich. Schon bald beginnt er sich gegen die Idioten in der Schule zu wehren und kommt auf den Geschmack. Er fühlt sich wie ein Superheld und beginnt tatsächlich auch in seiner Freizeit, gegen Schurken und Verbrecher zu kämpfen.

Aber die lassen sich das natürlich nicht lange gefallen, wie man sich denken kann, denn auch wenn der Junge erste Erfolge vorweisen kann, so weckt er doch den Unmut von irgendwelchen Bossen und es kommt, wie es kommen muss. Diese reaktivieren eigene Superkämpfer und schon bald muss Luther nicht nur um sein Leben kämpfen, sondern auch um das der Menschen, die ihm lieb und teuer sind, angefangen von seiner Mutter, über seinen besten Freund bis hin zu seiner neuen Freundin Rita.


Natürlich ist die Geschichte so phantastisch wie andere Superhelden-Anfänge, aber die Künstler verlassen schon bald die eingetretenen Pfade und führen die Entwicklungen ad absurdum. Denn Luther macht natürlich auch Fehler und zeigt die Schwächen eines ganz normalen Menschen, reagiert über und fängt sich schnell Ärger ein, so dass er selbst zum Gejagten wird und dadurch sein altes Leben verliert.

Die Geschichte orientiert sich überraschend stark an vergleichbaren Action-Mangas, denn der Held und seine Gegner sind vom Körperbau her bald extrem überzeichnet, die Gewalt sehr explizit und natürlich werden auch entsprechende Sprüche geklopft.

Dennoch hat man nie das Gefühl, dass die Kampfeskraft bejubelt wird, eher im Gegenteil: Luther mag zwar kein Nerd mehr sein, aber die Muskeln und das Testosteron haben ihn auch zu einer brutalen Kampfmaschine gemacht, die kaum noch etwas anderes kennt. Die Künstler wahren durch die graphischen und inhaltlichen Überzeichnungen immerhin eine gewisse Distanz und lassen die ganze Saga wie einen zynischen Kommentar auf das Action-Genre aussehen.

Alles in allem muss man aber auch schon auf knallharte Thriller stehen, in denen fleißig geprügelt und auch sonst mit harten Bandagen gegeneinander gekämpft wird.

„Luther Strode“ wirkt damit wie eine zynische Betrachtung des Superhelden-Genres, vermischt mit typischer Manga-Action, in der es ordentlich zur Sache geht - aber auch die düsteren und makaberen Seiten des Ganzen gezeigt werden. Daher richtet sich die Gesamtausgabe auch eher an erfahrene Comic-Fans, die diese bösen und gewalttätigen Geschichten zu nehmen wissen.