Benedict Jacka: Der Gefangene von London - Alex Verus 8 (Buch)

Benedict Jacka
Der Gefangene von London
Alex Verus 8
(Bound, 2017)
Übersetzung: Michelle Gyo
Titelbild: Max Meinzold
Blanvalet, 2022, Taschenbuch, 476 Seiten, 11,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Alex Verus, Magier mit der Kraft der Vorsehung, ist da, wo er nie im Leben wieder hin wollte. Er ist dank der Animositäten des Weißen Rings der Magier, wieder bei seinem ehemaligen Herrn, dem Schwarzmagier Richard Drakh gelandet. Der Tötungsbefehl, den der weiße Rat gegen ihn ausgesprochen hat, die Intrigen unter denen die gemeinhin als die Guten angesehen werden, sind wahrlich nicht zu verachten - zwangen ihn auf die Seite der Dunklen. Morden, Verbündeter Drakhs, wurde kürzlich gar in den Rat aufgenommen, Alex dient ihm wohl oder übel als Referent - und ist damit mitten drin im Intrigenspiel des Rats.

Die Kreuzritter und Hüter des Rats nehmen sich natürlich erst einmal denjenigen vor, bei dem der Widerstand und das Aufsehen nicht ganz so groß ist - ergo unseren Alex. Vornehmen wie in Nachstellen, Angreifen, Foltern, Töten. Dabei ist er ja wahrlich kein Held. Er versteckt sich lieber, als in den Kampf zu ziehen, und in Schlachten ist er in aller Regel damit beschäftigt, wegzulaufen. Als sie dann aber seine Freundin kidnappen und foltern, ist endgültig Schluss mit lustig. Alex weiß, dass er nur wenige Möglichkeiten hat; entweder er resigniert, schließt sich einem der Mächtigen gleich welcher Seite bedingungslos an oder er wird selbst zu einem, mit dem nicht gut Kirschen essen ist.

Dann kommt es zu dem, mit dem er und der Rat schon lange gerechnet haben: Darkh befielt einen Angriff. Der Rat massiert seine Truppen, allein am falschen Ort. Da, wo es die Schwarzmagier hinzieht sind kaum Verteidiger an Ort und Stelle - dafür findet sich Alex Verus mitten im Kampfgeschehen wieder...


Der achte von einem Dutzend Alex-Verus-Romanen ist erneut düsterer angelegt. Nichts mehr ist übrig, vom unterschwelligen Humor der ersten Teile, von der Aufmüpfigkeit des Davids, der sich mit dem Rat als Goliath anlegt.

Alex Verus ist auf der Verliererstraße - und er weiß dies auch. Er kann, das hat die Hetzjagd auf ihn und seine Verbündeten bewiesen, seine Freunde nicht vor Angriffen schützen, von sich selbst einmal ganz abgesehen.

Dies führt dazu, dass sich der Ton des Romans noch einmal deutlich ändert. Alex mutiert zu einem Philosophen. Er sinniert über das Leben, das Schicksal ja seine Lebensphilosophie. Will er, kann er sich selbst aus der Schusslinie ziehen, auch auf Kosten Anderer? Kann er es verantworten, dem Bösen in all seinen Schattierungen nicht länger die Stirn zu bieten?

Immer deutlicher wird auch, dass sich die Welt beileibe nicht länger in Schwarz und Weiß, in Gut und Böse unterteilen lässt. Alex findet in Schwarzmagiern verlässliche Verbündete, während die, die ihn eigentlich stützen sollen, ihn im Stich lassen. Und ich rede hier nicht von den Kreuzrittern, die ihm mit allen Mitteln nachstellen, die von Folter und dem Verfolgen Unschuldiger nicht zurückschrecken. Ich denke hier eher an ehemalige Kollegen von Alex, die ihn im Stich lassen. Dies alles führt dazu, dass Alex - und mit diesem der Leser - die Welt nuancenreicher wahrnehmen. Alex hinterfragt sein bisheriges Dasein, er pendelt zwischen Depression und Aggression. Weite Teile des Textes - insbesondere im Mittelteil des bislang umfangreichsten Bandes der Reihe - sind für diese Charakter-Entwicklung reserviert. Entsprechend tauchen kaum neue Figuren auf, Jacka nutzt seine eingeführten Gestalten um seinen Plot voranzutreiben und die Gestalten weiter zu zeichnen.

Zum Finale kommt es dann zu der erwarteten Gewaltexplosion - das ist Action pur, wartet mit einigen wirklich kaum vorhersehbaren Enthüllungen auf und endet, wie üblich, mit einem Cliffhanger.

Einmal mehr beweist Benedict Jacka, dass er sich vor seinen Kollegen wahrlich nicht verstecken muss. Um dem Roman folgen zu können, wäre die Kenntnis der vorhergehenden Bände eigentlich unabdingbar, dann aber gibt es jede Menge Reminiszenzen und tiefgründige Gedanken - garniert mit einem Blockbuster-Finale.