Uwe Voehl: Der Mörder in der Tiefkühltruhe (Buch)

Uwe Voehl
Der Mörder in der Tiefkühltruhe
Murder Press, 2012, Taschenbuch, 86 Seiten, 12,00 EUR

Rezension von Elmar Huber

„Die Truhe steht im Keller. In einer kaum zugänglichen Ecke. Licht schein es hier nicht zu geben. Selbst wenn sich der Deckel über uns lüftet, ist kaum mehr als ein rundliches Gesicht zu sehen. Ja, es wird immer fetter, kein Wunder, denn er lebt gut von uns.“ („Der Mörder in der Tiefkühltruhe“)

„Der Mörder in der Tiefkühltruhe“:
Nachdem Horst seine Frau Cordula auf deren eigenem Geburtstag mit ihrer besten Freundin Lisa betrogen hat, tötet Cordula beide im Affekt. Die Einzelteile der Ehebrecher bewahrt sie in der Tiefkühltruhe auf, um sie bei Bedarf nach und nach herauszuholen.

„Café Sherlock“:
Im dichten Schneetreiben rammt der Mörder nach getaner Tat eine Hauswand. Grund genug, das Auto stehenzulassen und im nahen „Café Sherlock“ einzukehren, wo alles mit Requisiten alter Krimis dekoriert ist. Und die Gäste dort halten sich offenbar für verhinderte Detektive. Warum sonst behandeln sie ihn wie einen Verbrecher?

„Mörderspiel“:
Auch bei seiner neuen ‚Internetbekanntschaft‘ Sybille dürfte er leichtes Spiel haben. Drei bis vier Treffen mit süßen Schmeicheleien, danach ein Märchen über seine Geldprobleme. Doch in dem abgelegenen Etablissement, in dem er Sybille zum ersten Mal trifft, läuft etwas Seltsames ab.

„Mords-Mord“:
Sein Verleger setzt dem Lektor Bergmann die Pistole auf die Brust: In sechs Tagen soll er das Konzept für einen Beststeller abliefern, das den Verlag endlich wieder aus den roten Zahlen holt. Eine Anthologie scheint die Lösung. Die ultimative Krimi-Anthologie, in der in verschiedenen Geschichten der Mord selbst ermordet wird und das Krimi-Genre damit selbst den Todesstoß verpasst bekommt. Und natürlich muss für entsprechende PR gesorgt werden.

„Wo die Ostseewellen morden“:
Am Tiefpunkt seiner Karriere als Schlagersänger trifft Jürgen in einer Kneipe einen verschrobenen Alten und dessen Papagei. Der Alte behauptet, dass sein Papagei ihm einige der erfolgreichsten Schlager der letzten Jahrzehnte geliefert hat.

„Black & Decker“:
Nicht nur, dass es um seine Werbeagentur derzeit nicht gerade rosig bestellt ist, nun erhält der Markenfetischist Müller auch noch eindeutige Drohbotschaften in schlechtem Deutsch, die ihn als Ehebrecher entlarven. Welcher Ehemann seiner zahlreichen Geliebten kommt dafür in Frage?

„Komisch, das mit Omma“
Alles scheint verändert, als Udo am Heiligen Abend die Straßen seines Viertels entlangstreift. Geschäfte sind verschwunden, neue Häuser stehen in den Straßen, und der Kiosk ist nun eine Drogerie. Auch in der Wohnung seiner Eltern öffnet niemand die Tür, als er klingelt. Genau wie vorher schon bei Omma.

„Einfach malerisch!“:
Obwohl die Betreiber des Hotels, das die nächste Übernachtung auf Michaela und Torbens Wandertour sichern soll, offenbar gerade weg sind, beschließen die beiden, das Gästehaus zu betreten und die reservierten Zimmer auf eigene Faust zu beziehen. Auch am folgenden Tag tauchen die Besitzer nicht auf, und die hübsche Michaela und ihr dauernörgelnder Freund richten sich in dem Hotel ein. Eine Verletzung Torbens zwingt sie schließlich, länger zu bleiben, als geplant. Beide ahnen nicht, dass sie ständig beobachtet werden.

„Am Tag, als der Sommer endete“:
Ganz plötzlich gähnt ein schwarzes Loch da, wo eben noch die Sonne am Himmel stand. Alle Leute am Strand sind erstarrt oder ergehen sich in sinnlosen Handlungen. Der Sommer ist endgültig vorbei.

„Er hatte im Chat rasch herausgefunden, dass sie leidenschaftliche Krimileserin war. Angeblich hatte sie sogar mal selbst welche geschrieben. Wenn er ehrlich war, so kannte er außer dem TATORT und den alten Edgar-Wallace-Filmen kaum einen Krimi - geschweige denn, dass er einen gelesen hätte. Aber für entsprechendes Halbwissen reichten ihm die Besprechungen auf amazon.de, die er ihr gegenüber als seine eigenen Meinungen vorgab.“ („Mörderspiel“)


Mit seinen Teutoburger-Wald-Regionalkrimis um die Journalisten Moritz Morgenstern und Oliver Dickens („Tod & Schinken“, „Blut & Rüben“ und „Dinner mit Mord“, alle bei Bastei Lübbe) schaffte Uwe Voehl endgültig den Sprung in die breite Popularität der deutschen Krimi-Landschaft. Ein weiter Weg von seinen Anfängen als Heftromanautor (teils unter Pseudonym) über langjährige Herausgebertätigkeiten (vom „Vampir Horror“-Taschenbuch bis zur „Horror-Factory“-Reihe) und als (Exposé-) Autor für die Fortführungen diverser phantastischer Heftromanserien beim Zaubermond Verlag („Vampira“, „Dorian Hunter“ etc.).

Trotzdem geht Uwe Voehl mit „Der Mörder in der Tiefkühltruhe“ bewusst wieder einige Schritte zurück. Gemeinsam mit Kollaborateur Jörg Kleudgen hat er die Murder Press, das Krimi-Pendant zu Kleudgens phantastischer Goblin Press, ins Leben gerufen, deren Ausgaben einzeln in Handarbeit entstehen und damit Unikate sind. In Ausstattung und Erscheinungsbild gleichen sich die beiden Editionen, zeichnet doch Jörg Kleudgen auch für die Gestaltung und die Herstellung der Murder-Press-Bücher verantwortlich.

Das Buch ist im A5-Format als ‚englische Broschur‘ gefertigt. Dazu wurden A4-Seiten einseitig mit zwei aufeinander folgenden Seiten bedruckt, in der Mitte gefaltet, sodass sie je die aufeinander folgenden rechten und linken Buchseiten ergeben. Die offene Seite steckt jeweils in der Bindung, sodass die Falze den vorderen Buchschnitt bilden. Der miteingebundene Buchumschlag besteht aus schmucklosem Karton, um den der Schutzumschlag mit Titel und Coverbild (vorn und hinten eingeklappt, nicht festgeleimt) gelegt ist.

Doch zum Inhalt: Uwe Voehl legt hier eine Sammlung von neun Kurzgeschichten vor, die eindeutig seine Affinität zum Krimi, aber auch seinen Hang zur Skurrilität und die Lust an der makabren Komödie belegen und die in einem großen Verlag wohl kaum eine Chance auf Veröffentlichung hätten. Diejenigen, die das Büchlein beziehen, werden allerdings wissen, wie der Autor tickt und sich den Band aus eben diesem Grund anschaffen.

Dass Uwe Voehl ebenfalls ein ernsthafter Phantast ist, fließt auch in „Der Mörder in der Tiefkühltruhe“ ein. So sind einige der Geschichten Grenzgänger zwischen den Genres, wie etwa die „Sie“/„Mysery“-Variante „Einfach malerisch!“. Das von Soundgardens Hit „Black Hole Sun“ inspirierte „Am Tag, als der Sommer endete“ beschließt die Sammlung sogar gänzlich phantastisch.

„Der Mörder in der Tiefkühltruhe“ ist der Auftaktband von Uwe Voehls Privatdruckreihe Murder Press, der die Vorliebe des Autors für skurrile, makabre und auch phantastische Krimigeschichten aufzeigt.