Amy Myers: Die Morde von Wickenham - Ein Fall für Marsh & Daughter 1 (Buch)

Amy Myers
Die Morde von Wickenham
Ein Fall für Marsh & Daughter 1
(The Wickenham Murders, 2004)
Übersetzung: Nadine Erler
dp Verlag, 2020, eBook, 4,99 EUR (auch als Taschenbuch erhältlich)

Rezension von Elmar Huber

„Die Sonne versank jetzt schnell hinter dem Horizont, und bald brach die Jahreszeit an, in der Ada Proctor gestorben war. Hatte sie Angst empfunden oder freudige Aufregung? Nur fünfundsiebzig Jahre lagen zwischen ihnen. Wenn Ada jetzt neben ihr stünde, würde sie ihr sympathisch sein, oder nicht? Es war kein abwegiger Gedanke, dass man eine Hand ins Dunkel strecken und die Vergangenheit streifen konnte.“

Eine unscheinbare Zeitungsmeldung - „Skelett in Kalkhöhle entdeckt“ - erinnert den Privatdetektiv Peter Marsh an seinen einige Jahre zurückliegenden Besuch im nahegelegenen Örtchen Wickenham in der Grafschaft Kent. Und an einen Mordfall, der sich eben dort im Jahre 1929 ereignet hat. Damals wurde die Arzttochter Ada Proctor ermordet. Verdächtig war der jüngere Davy Todd, der für die Tat auch zum Tode verurteilt wurde. Als Autor von Sachbüchern über unaufgeklärte Verbrechen spürt Peter, dass dieser Fall eine erneute Begutachtung durch Marsh & Daughter wert ist.

Tatsächlich findet Georgia vor Ort heraus, dass Ada Proctor möglicherweise nicht die ehrenhafte Frau war, als die sie gemeinhin gilt und dass die schnelle Verurteilung Davy Todds hauptsächlich den Streitigkeiten zwischen den Familien Todd und Elgin geschuldet ist. Eine Fehde, die noch heute schwelt und durch Georgias Nachforschungen wieder aufzuflammen droht. Ein weiterer Toter lässt nicht lange auf sich warten.

„Woran es auch lag - hier, zurück in Wickenham, fand sie es wesentlich schwieriger, sich einen Weg durch das Dickicht zu Ada Proctor und den Randolphs zu bahnen. In Frankreich hatte alles so unkompliziert gewirkt, aber jetzt hatte sie das Gefühl, wieder im Sumpf von Wickenhams Intrigen zu versinken.“


„Die Morde von Wickenham“ bietet eine ungewöhnliche und vielversprechende Prämisse. Ausgangspunkt ist ein Cold Case, der plötzlich, durch die Nachforschungen einer Fremden in einem gärenden Mikrokosmos, wieder heiß wird. Dabei wird der Leser recht unvermittelt in das Geschehen gestoßen, und es fällt schwer, mit den Hauptfiguren, Peter und Georgia Marsh, etwas warm zu werden. Über den kompletten Handlungsverlauf will sich keine Sympathie einstellen. Die Marshs wirken ungewöhnlich hölzern und nichtssagend und damit auch uninteressant. Eher das Gegenteil der launigen, charmanten und gewitzten Protagonisten, von denen ein Cozy Crime normalerweise lebt.

Nicht anders verhält es sich mit dem Sammelsurium an Wickenhams Einwohnern, das Georgia vor Ort mühsam aufdröseln muss. Bei der Frage, wer wie mit wem verwandt ist, kann man schnell den Überblick verlieren. Zumal auch diese Nebenfiguren reichlich konturlos gezeichnet sind und auf diese Weise zu einer unübersichtlichen Masse werden.

Auch was den Schreibstil angeht, kommt der Roman äußerst schwunglos und schwerfällig daher. Die immer wieder eingeschobenen Abschweifungen und Erklärungen sind größtenteils unnötig und machen das Buch zu einer zähen und spannungslosen Angelegenheit, an der man schnell das Interesse verliert.

Fade Charaktere und der ermüdend eintönige Schreibstil konterkarieren in „Die Morde von Wickenham“ die vielversprechende Prämisse.