Streamliner 1: Billy Joe (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 23. Februar 2022 13:33

'Fane
Streamliner 1
Billy Joe
(Streamliner: Bye-Bye Lisa Dora, 2017)
Übersetzung: Harald Sachse
Splitter, 2017, Hardcover, 88 Seiten, 16,80 EUR
Rezension von Elmar Huber
Zentralwüste 1963: Eines Tages betritt Billy Joe, Anführer der „Red Noses“, die gottverlassene Tankstelle des alten Evel O’Neill, einst erfolgreicher Underdog-Rennfahrer, und dessen Tochter Cristal. Der einsame Ort mitten in der Wüste ist perfekt geeignet für das diesjährige Streamliner-Rennen der Noses, und die O’Neills könnten in wenigen Tagen den Umsatz ihres Lebens machen.
Die Veranstaltung wächst sich mit der Ankunft der weiblichen Motorradklubs „Black Panties“ weiter aus und zieht auch sonst alle möglichen weiteren illustren Gestalten an. Ein Pokerspiel, bei dem Evel O’Neill seine Tankstelle einsetzt, zwingt Cristal, im alten Auto ihres Vaters ebenfalls an dem bevorstehenden Rennen teilzunehmen. Auch das FBI interessiert sich für das sich anbahnende Spektakel.
Wie die Heuschrecken fallen die Rennfahrer über die einsame Tankstelle her, wo der ehemalige Rennfahrer Evel O‘Neill dem Alkohol zuspricht und seine Tochter den Laden schmeißt. In den 50ern war O‘Neill ein Underdog, der damals die Streamliner-Szene aufgemischt hat, bis ein tragischer Unfall seine Karriere beendete. Er lässt sich von dem Enthusiasmus und der Energie der jungen Draufgänger anstecken, fühlt sich an seine erfolgreichen Zeiten als Rennfahrer erinnert und vergisst in dem aktuellen Trubel seinen Weltschmerz für ein Weilchen. Cristal sieht den Auflauf an Testosteronschleudern dagegen skeptisch und begrüßt die Ankunft der „Black Panties“ als Gegengewicht zu der versammelten Männlichkeit.
Zwar startet ‘Fane seine Geschichte in der Gegenwart, doch bleibt die Erklärung für diese Szenen hier noch aus. Sehr schnell befinden wir uns im Jahr 1963. Mit wenigen Szenen gelingt es den Protagonisten, die Sympathie des Lesers zu gewinnen, auch wenn die Charakterisierungen noch nicht zu sehr ins Detail gehen. In erster Linie werden hier die Figuren platziert.
Infolgedessen lebt „Streamliner“ 1 also von der Absurdität der Situation, dass Evel und Cristal beinah im wahrsten Wortsinn einfach überfahren werden und ihnen die Kontrolle über ihr bisheriges Leben jählings aus den Händen gleitet. Dass die Kombination aus jungem Draufgänger und gealtertem Sport-Ass, die sich hier anbahnt, in jedem zweiten Sportfilm zu sehen ist, fällt nicht weiter ins Gewicht. Als Salz in der Suppe beginnt ‘Fane noch einige Handlungsstränge, die sich innerhalb dieser großen Blase anbahnen, wie die Ankunft des flüchtigen Mörders William Bonny, der in dem Trubel der Rennvorbereitungen unterzutauchen hofft.
Dass von den Kerlen, besonders von dem ultracoolen Tollenträger Billy Joe, doch eine gewisse Anziehungskraft ausgeht, wird spätestens klar, als Cristal und er sich endlich heftig näherkommen.
Die Zeichnungen sind relativ simpel gehalten; nimmt man die erdfarbene Kolorierung weg, kann man schon von Skizzen reden. Und doch gelingt es ‘Fane mit diesen wenigen, lockeren Strichen, nicht zuletzt durch den treffenden Einsatz von Mimik und Gestik, die Charaktere förmlich zu modellieren. Mit heißen Öfen hat ‘Fane auch Erfahrung, hat er doch schon das „Joe Bar Team“ geschrieben und gezeichnet (zusammen mit Christian Debarre). Den Slapstick-Humor des Motorrad-Comics hat sich ‘Fane bei „Streamliner“ jedoch gespart.
Hier bahnt sich eine coole Story in warmen Farben an, die in den Folgebänden noch einige Überraschungen in petto haben dürfte.