Simon R. Green: Schärfer als der Schlange Zahn – Geschichten aus der Nightside 6 (Buch)

Simon R. Green
Schärfer als der Schlange Zahn
Geschichten aus der Nightside 6
(Sharper than a Serpants Tooth)
Aus dem Englischen übersetzt von Oliver Hoffmann
Titelillustration von Oliver Graute
Feder & Schwert, 2009, Taschenbuch, 272 Seiten, 10,95 EUR, ISBN 978-3-86762-051-2

Von Carsten Kuhr

In der Nightside findet man Götter, Monster und Geister aus den unendlichen Tiefen – wenn sie einen nicht zuerst finden. In einem solchen recht wahrscheinlichen Fall sollte man laufen wie der Teufel und nach Hilfe suchen. Ich bin einer der wenigen, die vielleicht helfen können – wenn die Kohle stimmt, versteht sich. Mein Name ist John Taylor. Ich bin Privatdetektiv. Scheidungen bearbeite ich nicht.

Ich löse auch keine Kriminalfälle und würde eine Spur nicht erkennen, wenn ich darüber stolpere. Mit meiner Gabe finde ich Dinge, egal, wie gut sie versteckt sind. In der Straße der Götter gibt es sogar einen Tempel, in dem ich – unerlaubterweise, versteht sich – verehrt werden – wurde, bis sich Messer Eddie der Sache annahm. Eine Prophezeiung besagt, ich werde eines Tages die Nightside zerstören – und den Rest der Welt gleich mit…

Vor Millennien erschuf die biblische Legende Lilith die Nightside als den einzigen Ort auf Erden, der frei ist vom ewigen Kampf zwischen Himmel und Hölle. Jetzt will sie ihr Werk umgestalten, radikal und ohne jegliche Rücksicht auf die Bewohner. Was ihr nicht passt, das wird vernichtet – gleich ob es Menschen, Götter oder Monster sind. Nur einer kann sie vielleicht aufhalten – ihr Sohn. Das bin ich. Und ich habe gesehen, was passiert, wenn ich sie nicht aufhalte – glauben Sie mir, Sie wollen nicht wissen, wie die Welt dann beschaffen sein wird. Nachdem mir selbst der Dornenfürst und die sprechende Pistole nicht helfen konnten, bleibt mir als letztes As im Ärmel nur noch eines übrig – mein toter Vater muss her. Vielleicht kann er seine Verflossene ja zum Einlenken bewegen – auch wenn das wohl eher unwahrscheinlich ist...

Zusammen mit den beiden vorhergehenden Bänden bildet der sechste „Nightside“- Roman innerhalb der Reihe eine eigene Trilogie, deren Handlung eng miteinander verzahnt ist. Die Bücher gehen handlungsmäßig nahtlos ineinander über, das Green-typisch hohe Tempo, die rasante Action und die dramatischen Ereignisse, nehmen noch einmal zu. Es geht um nichts weniger, als um die Zukunft der Nightside, ja, der ganzen Welt.

Nachdem die Identität von Johns Mutter enthüllt worden ist und wir in der tiefen Vergangenheit die Schaffung der Nightside miterleben durften, geht es vorliegend um das Überleben des gefährlichsten Viertels von London selbst. Das lässt in all seiner Dramatik, den aufopfernden Kämpfen und den herben Verlusten, die auch die Freunde unseres Anti-Helden nicht verschont, wenig Platz für die sonst so pointierten, sarkastischen und humorvollen Anspielungen. Stattdessen brennt Green ein wahres Feuerwerk von pyromanischer Action ab. Es ist Krieg in der Nightside, und das merkt man sowohl dem Tonfall des Romans, aber auch den Geschehnissen an. Da wird nichts beschönigt, da wird geschrieen, gelitten und gestorben und auch unser Held bekommt seinen Anteil ab.

Die Auflösung des Konflikts ist dann allen Vermutungen und Andeutungen zum Trotz überraschend und so nicht vorhersehbar. Die Nightside ist, wenn auch schwer beschädigt, fast entvölkert von Menschen, Monstern und Göttern, gerettet, und John Taylor hat die Welt nicht vernichtet. Was will man mehr? Außer vielleicht, den nächsten „Nightside“-Roman lesen…