S. C. Menzel: TITANROT - Nomaden im All (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 10. Februar 2022 11:04

S. C. Menzel
TITANROT - Nomaden im All
Titelbild: S. C. Menzel
p.machinery, 2021, Paperback, 328 Seiten, 16,90 EUR (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Kapitain Glenn und die Crew der „Sonnenwind“ sind erfahrene Raumfahrer. Dass sie sich im Weltraum auskennen, dass sie sich trotz aller Unterschiede zusammengerauft haben, steht auf der Habenseite; dass sie chronisch pleite sind, im Soll. Um letzterem Zustand abzuhelfen, haben sie einen etwas zwielichtigen Auftrag angenommen. Aus einem Geheimlabor weit draußen im All sollen sie einen dort forschenden Wissenschaftler aufsammeln und zu dessen Bruder bringen. Es scheint einfach zu verdienendes Geld zu sein. Rein, den Wartenden an der Luftschleuse abholen und ab - sollte eigentlich, weist den Weg.
Sollte heißt in unserem Fall, dass der Wissenschaftler ohne Raumanzug da steht, kurz aus dem Labor auch noch etwas mitnehmen möchte; sie entdeckt, beschossen, verwundet werden und die Flucht im gestohlenen Dingi dazu führt, dass Kapitän Glenn sich das Genick bricht und der Nerd mit einem Schlaganfall abtritt. Arg viel mehr kann aber auch wirklich nicht mehr schief gehen, meinen Sie? Nun bei der Rettungsaktion wird auch noch die „Sonnenwind“ beschädigt, Vorräte vernichtet - Sie erkennen die Malaise?
Immer noch kein Problem, ist doch - zumindest s lange das Gehirn noch vorhanden ist - der Medisarg imstande, die Toten wieder ins Leben zurückzuholen… und Reparaturen und Vorräte kann man ja auf einer der Weltraumstationen auffüllen. Hier kommt dann allerdings die chronische Geldnot wieder ins Spiel - die „Sternenwind“ verfügt nur über einen Sarg; der Nerd wird kurzerhand eingefroren, der Kapitain reanimiert. Als sie Vorräte bunkern, Reparaturen in Auftrag geben und das Hospital nutzen wollen, kommt ihnen dann allerdings erneut ihre monetäre Not in die Quere.
Ein Ausweg wird ihnen von einem Geldhai, einer Androidin, angeboten - sie sollen diese zu einem vor Jahrzehnten havarierten Generationenschiff bringen. Seit dem Unglück, dem alle Passagiere zum Opfer fielen, haben die Konzerne eine strenge Quarantäne des Schiffes beschlossen und durchgesetzt. Jetzt bleibt Glenn und seiner Crew nichts anders übrig, als diese zu brechen - mit drastischen Folgen…
Der Plot ist mit diesem Appetizer beileibe nicht umfassend erzählt. Neben dem Handlungsbogen um Kapitän Glenn gibt es zwei weitere Erzählstränge, in denen eine Tänzerin vorgestellt wird und der Leser das spätere Ziel, das havarierte Generationenschiff, näher kennenlernt.
Die Verfasserin legt uns in ihrem von ihr selbst auch farbig illustrierten Roman-Erstling nur auf den ersten Blick ein bekanntes Szenario vor. Die zusammengewürfelte Crew, die sich und das Schiff finanziell so gerade über Wasser hält, die halblegalen Aufträge, die sie deswegen annimmt, das kennen wir. Allerdings hat sich die Autorin immer wieder einige kleine, aber wichtige Besonderheiten und Überraschungen einfallen lassen. Immer, wenn man als Leser meint zu wissen, wie der Hase läuft, wohin sich die Handlung entwickeln wird, dann überrascht Menzel uns mit einem Schlenker, den ich zumindest nie vermutet hätte. Figuren, Stereotype, verhalten sich zunächst ganz ihrer Rolle konform, nur um dann plötzlich und unerwartet doch anders zu agieren. Das hält das Interesse wach, das erhöht die Lesefreude und die Spannung; dazu kommen muntere Dialoge, die für einen humorvollen Aspekt sorgen.
Die Figuren selbst sind liebevoll und detailreich gezeichnet, wachsen uns schnell ans Herz. Es mag sein, dass eine moderate Kürzung im Mittelteil dem Werk gutgetan hätte, doch letztlich schlägt die Autorin ihre Bogen, bringt die Ebenen zueinander und schließt das Buch befriedigend ab.
Insgesamt also ein durchaus beachtenswertes Debüt, ausgehend von einem Handlungsstrang, der an bekannte Versatzstücke erinnert und dann seine ganz eigene Geschichte erzählt.