Gabriele Behrend: Salzgras und Lavendel (Buch)

Gabriele Behrend
Salzgras und Lavendel

Titelbild: Gabriele Behrend
p.machinery, 2020, Paperback, 312 Seiten, 17,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Die 1974 geborene und heute in Düsseldorf lebende Gabriele Behrend zieht es in ihren phantastischen Geschichten nicht hinaus ins Weltall. Sie bleibt lieber auf der Erde und unter den ganz normalen Menschen, die von futuristischen Entwicklungen umgeben sind und durch besondere Umstände in die Mühlen einer nur vordergründig strahlenden Zukunft geraten.


In nicht allzu ferner Zukunft sind die meisten Menschen nicht mehr nur ein Individuum, sondern mit einem ganzen Set von Persönlichkeiten ausgestattet, das ihnen hilft in jeder Situation angemessen zu reagieren, effizient zu arbeiten und auch in der Freizeit die Angebote entsprechend auszukosten. Und alle negativen Züge - die sogenannten Bestien - werden in den Keller gesperrt.

Douglas war bisher einer derjenigen, die noch nicht so optimiert wurden. Als er den Tod eines Menschen verursacht, wird er vor die Wahl gestellt: Entweder er geht als Mörder ins Gefängnis, oder aber er unterzieht sich einer Behandlung, lässt auch in sich eine multiple Persönlichkeit installieren.


Wie man sich denken kann, läuft die Behandlung nicht ganz so, wie die Mediziner es sich erhoffen, hat Douglas doch eine einzigartige Vorgeschichte, die ihn anders sein und später auch einen eigenen Weg verfolgen lässt. Aber gerade weil er der Außenseiter ist, kann der Leser einen differenzierten Blick auf diese schöne neue Welt werfen.

Auf den ersten Blick scheint es sogar ganz angenehm zu sein, wenn verschiedene Persönlichkeiten den Körper lenken, helfen sie doch Schwierigkeiten und Probleme angemessen zu erledigen, im Job zu funktionieren und dennoch die Freizeit zu genießen. Aber die Autorin baut in all diese positiven Entwicklungen auch immer wieder Stolperfallen ein, die einen als Leser aufhorchen und nachdenken lassen.

Kann es auf Dauer wirklich gutgehen, wenn Menschen so angepasst werden? Oder ist der Wille vielleicht doch zu stark, um sich auf Dauer zähmen und kontrollieren zu lassen?

Die Geschichte mag vordergründig eine einfache Handlung haben, die Spannung und Faszination steckt aber in den Details der inneren Welt, an die Gabriele Behrend den Leser teilhaben lässt. So wie man sich manchmal wünscht, manche Facetten seiner Persönlichkeit bei Bedarf hervorzuzaubern, so deutlich kommen auch immer wieder die negativen Seiten des Ganzen zum Vorschein.

Vieles Alltägliche mag auf den ersten Blick dann auch noch banal erscheinen, dies rundet aber den Eindruck ab und macht die Entscheidung, die der Held am Ende für sich trifft, gut nachvollziehbar. Denn Gefühle spielen auch eine große Rolle in der Geschichte, die in den „Inner Space“ entführt und durch die vielen feinen Details einen faszinierenden Kosmos erschafft, die sich ganz klar auf eines konzentriert: eine mögliche Entwicklung in dem menschlichen Bestreben, sich selbst zu optimieren.

Das Geschehen wird in eine unterhaltsame und flüssige Handlung gebettet, die warmherzig und mit prägnanten Bildern vorangetrieben wird.

„Salzgras und Lavendel“ ist sicherlich kein Science-Fiction-Roman für actionverwöhnte Fans sondern eher die Leser, die leise Töne schätzen und die Blüten, die der Mensch in Zukunft treiben könnte, wenn die Technik auch die Optimierung des Geistes erlauben würde.

Das Buch wird zwar ruhig erzählt, baut aber eine stete Spannung bis zum Ende hin auf und regt auch zum Nachdenken an.