Robert McCammon: Matthew Corbett und der Fluss der Seelen (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 09. November 2021 11:04

Robert McCammon
Matthew Corbett und der Fluss der Seelen
(The River of Souls, 2014)
Übersetzung: Nicole Lischewski
Titelbild: Michael Schubert
Luzifer, 2021, Hardcover, 360 Seiten, 24,95 EUR (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Irgendetwas ist faul an dem neuesten Auftrag für die Herald Agency. Statt als Problemlöser finstere Schurken zu verfolgen oder Verbrechen aufzulösen, soll ein Agent eine junge Südstaaten-Schönheit auf einen Ball begleiten. Dafür 50 Pfund auszuloben, das muss einfach einen Pferdefuß haben. So unansehnlich, so unmöglich kann die junge Dame gar nicht sein, dass es einen derartigen Betrag benötigt, um aus New York einen Problemlöser in Richtung Solstice River reisen zu lassen, um einen Abend lang als Begleiter und Tanzpartner für eine junge Frau zu dienen.
Doch Matthew Corbett hat nicht wirklich etwas Besseres zu tun. Seitdem er seiner großen Liebe Berry Grigsby gesagt hat, dass sie sich einen anderen suchen soll - um sie aus der Schusslinie seines Widersachers Professor Fell zu nehmen - sieht er am Broadway immer wieder seine Einstige mit ihrem neuen Galan.
Also nichts wie zurück nach Charles Town, in den Ort, an dem seine Karriere, damals noch als Schreiber des Richters, begann. Die Dame erweist sich als ebenso hübsch, wie eingebildet und natürlich gibt es einen Pferdefuß. Ein Verehrer der Dame, der jeden an ihrer Seite zum Duell fordert.
Kurz darauf findet Matthew sich zusammen mit anderen auf der Spur dreier entflohener Sklaven. Einer der Verfolgten könnte der Mörder der jungen Tochter des Plantageneigners sein - Harry vermutet aber eher, dass der Täter sich unter den Männern der gierigen Verfolger versteckt.
Hier nehmen Männer das Recht in ihre eigene Hand, auch und getrieben von der in Aussicht gestellten großen Belohnung für die Ergreifung und Hinrichtung des Verantwortlichen.
Durch den Wald, die Sümpfe und verfolgt von Alligatoren und einem Indianerstamm, der seinen Opfern gerne einmal den Kopf vom Körper abtrennt, machen sie sich auf den Weg - nicht ahnend, dass ihnen etwas auf der Spur ist, etwas, das wartet, etwas, das irgendwann einmal zuschlagen wird…
Robert McCammon hat mit diesem, dem fünften von projektierten insgesamt 10 Romanen um Matthew Corbett (von denen bislang sieben erschienen sind), etwas Ungewöhnliches gemacht. Er hat seinen Protagonisten aus seinem Umfeld genommen, ihn von den gewohnten Nebenfiguren befreit und alleine auf Abenteuer entsandt. Quasi zurück auf Los - und das tut der Figur sichtlich gut.
Natürlich ist er von den Ereignissen, den Gefahren, Nachstellungen und Bedrohungen geprägt. Wem, wenn überhaupt, kann er trauen, wie mit seiner Sorge um die Freunde, die Geliebte umgehen, immer wissend, dass ein Jeder der ihm begegnet ein Agent Fells sein könnte?
Einmal mehr nimmt McCammon sich, historisch akkurat recherchiert, der Zeit um die Jahrhundertwende vom 17. auf das 18. an. Dabei verbindet er erneut packend erzählt eine abenteuerliche Thriller-Handlung mit ein klein wenig dunkler Bedrohung und stellt eine Zeit vor, wie sie lange vorbei ist. Eine Ära, in der ein Menschenleben wenig kostete, in der Rassismus allgegenwärtig war und das Gesetz zu oft in die eigenen, unfähigen Hände genommen wurde. Unschuldige mussten in aller Regel dafür büßen - und wer wäre dazu besser geeignet, als rechtlose Sklaven? Hier spricht sich der Verfasser über seine Stimme im Roman ganz eindeutig gegen Rassismus, gegen Vorurteile und Vorverurteilungen aus; Probleme, die uns auch heute noch, mehr als zweihundert Jahre später, begleiten.
Erneut hat der Verlag dem Leser ein schön gestaltetes Buch an die Hand gegeben. Das Titelbild passt wunderbar stimmig zum Inhalt, den Nicole Lischewski wieder sehr einfühlsam und flüssig zu lesen ins Deutsche übertragen hat.
Der Inhalt des bislang kürzesten Corbett-Romans selbst bietet eine Achterbahnfahrt an Geheimnissen, Verrat und Spannung pur. Südstaaten-Feeling kommt bei den Beschreibungen der damals noch unberührten Natur der Sümpfe, aber auch der Herrenhäuser und Bruchbuden auf, bis dann im Finale ein dramatischer Cliffhanger auf den Leser wartet, der die Zeit bis zur Fortsetzung der Geschehnisse lang werden lässt.