Michael Schmidt (Hrsg.): Zwielicht Classic 16 (Buch)

Michael Schmidt (Hrsg.)
Zwielicht Classic 16
Titelbild: Oliver Pflug
2021, Paperback, 192 Seiten, 9,50 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Zwei Jahre ist es schon her, dass der Fan der unheimlichen Literatur die letzte Ausgabe des Magazins „Zwielicht Classic“ in Händen halten durfte. Zwei Jahre ohne Wiederentdeckungen zu unrecht vergessener Preziosen der kürzeren Art, die Herausgeber Michael Schmidt mit kundiger Hand zusammengestellt hat. Zur Überbrückung diente ein Sonderband („Wolfsbrut“), in dem es um die Gestaltwandler auf vier Pfoten geht, sowie eine weitere Ausgabe des Magazins „Zwielicht“ (Band 15) mit aktuellen Erstveröffentlichungen. Daneben hat Schmidt sich selbst auch an die Tastatur gesetzt und Geschichten für Anthologien verfasst.

Insoweit ist es natürlich zu begrüßen, dass er sich erneut die Mühe gemacht hat, herausragende Geschichten zu suchen, die,gesammelt in diesem Band der geneigten Leserschaft präsentiert werden.

 

Den Auftakt macht Silke Brandt. In „Vertebrae“ nimmt diese sich auf stilistisch ganz eigene Art zwei mordenden Frauen an. In kurzen Streiflichtern präsentiert sie uns nach und nach ein faszinierend, morbides Bild von den beiden Massenmörderinnen Darja Saltykova und Erzébet Báthory.

Michael Tillmann stellt uns in „Tibetanisches Windspiel“ einen Einsiedler im majestätischsten Gebirge der Welt vor, der Einsamkeit sucht - und dabei von einem Wesen gestört wird, das die Heimsuchung bitter bereuen muss.

Hanns Heinz Ewers 1928 erstveröffentlichte Geschichte um einen Expeditionsteilnehmer in Südamerika, der nach dem Genuss einer besonderen Milch tödlich erkrankt, überrascht auch heute noch durch seine Pointe und die Exotik, die die Beschreibungen für uns bereithalten.

Marianne Labisch schockt uns in „Trost oder Qual?“ mit einer ganz kurzen Geschichte um einen Unfall und dessen Folgen.

Ina Elbracht stellt in „Federgeld“ einen Kurator vor, der in einer Kiste mit Exponaten einen Hinweis auf ein Geheimnis findet, das die Tür ins Jenseitsreich öffnen könnte - vielleicht eine Lösung für sein Problem mit dem ihn triezenden Vorgesetzten?

Frederic Brake berichtet in „El Viaje“ vom Schicksal auf einem fremden Planeten gestrandeter Raumfahrer - nur einer Symbiose haben es die Menschen und die Ureinwohner zu verdanken, dass beide Völker überleben - der Preis…

Karin Reddemann schildert in „Herzblut“ die Auswirkungen des Kaufs eines Bilderrahmens auf dem Trödelmarkt - die im Rahmen befindliche Skizze muss fertiggestellt werden, doch am Ende fehlt noch etwas.

Willy Seidel schließlich entführt uns im 1912 erstveröffentlichten „Der Garten der Schuchân“ in die Weiten der Arabischen Wüste. Eine Kamel-Karawane stößt dabei auf gar Unerklärliches, Gefährliches ja Unheiliges…


Neben zwei klassischen Beiträgen sind es natürlich immer auch die zeitgenössischen Beiträge, die den Leser entzücken, ängstigen oder fesseln.

Zwei Artikel runden den Band dann ab. Nils Gampert setzt sich fundiert und kenntnisreich mit Lord Dunsany auseinander, während Karin Reddemann sich mit realen Kannibalen beschäftigt.

So bleibt mir erneut als Fazit, dass der neue Titel der Reihe wieder für wohlig schaurige Lese-Stunden bürgt, dabei stilistisch ansprechend und inhaltlich überraschend unterhält.