Richard Chizmar: Gwendys Zauberfeder (Buch)

Richard Chizmar
Gwendys Zauberfeder
(Gwendy´s Magic Feather, 2019)
Übersetzung: Sven-Eric Wehmeyer
Heyne, 2021, Hardcover, 270 Seiten, 12,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Gunther Barnewald

Gwendy, eine Protagonistin, die Stephen King dereinst (ca. 2015) erdacht hatte, hätte beinahe nie das Leben der literarischen Welt erblickt, da der Autor mit seiner Idee nicht recht weiter kam. Erst durch den Kontakt mit Autor Richard Chizmar, dem King sein Fragment zukommen ließ, erlangte Gwendys Geschichte als „Gwendys Wunschkasten“ (im Original „Gwendy´s Button Box“; in Deutschland unter anderem als Heyne Hardcover) 2017 doch noch ihre Vollendung.

Danach hatte Chizmar die Idee, die Geschichte 2019 mit einer inzwischen erwachsenen Protagonistin nochmals fortzuführen (ein weiterer Band mit Gwendys Abenteuern ist für 2022 geplant!).

 

Die vorliegende Erzählung spielt allerdings in einer Alternativwelt Ende des Jahres 1999, in der Bill Clinton die Wahl verloren hat und ein Donald-Trump-Verschnitt namens Hamlin Präsident der USA geworden ist.

Die Erwachsene Gwendy ist Kongressabgeordnete der USA und muss sich in Washington durch den täglichen Wahnsinn quälen, als plötzlich der geheimnisvolle Mann mit der Melone wieder bei ihr auftaucht und ihr erneut den bedrohlichen Wunschkasten übereignet.

Mit ihm kann man sich einerseits Wünsche erfüllen, muss dafür aber hinnehmen, dass als Ausgleich auf der Welt Katastrophen und Unglücke stattfinden. Die Orte dafür kann man grob auswählen, indem man den Kontinent bestimmt.

Gwendy hat es als Kind recht gut geschafft, der enormen Versuchung zu widerstehen, die von dem magischen Kasten ausgeht. Wird sie als erwachsene Politikerin ebenso hartnäckig und ehrenhaft sein und handeln?


Das mit knapp 270 „Seitchen“ dünne und handlich kleine Hardcover ist schmissig geschrieben und lässt sich wirklich flott und flüssig lesen (Danke an die sehr gute Übersetzung von Sven-Eric Wehmeyer!).

Schnell mag man die forsche Gwendy, bewundert ihren Mut und ihre Aufrichtigkeit. Als Gwendy dann, mit der „Teufelsmaschine“, nach Castle Rock zurückkehrt, um hier mit ihren Eltern Weihnachten zu verbringen, wird bald klar, wie groß die Versuchung für die junge Frau ist, da Gwendys geliebte Mutter doch schwer erkrankt ist. Zudem versteht Gwendy nicht, warum sie nun erneut „geprüft“ werden soll. Als dann in Castle Rock junge Mädchen entführt werden und spurlos verschwinden, wird Gwendy schnell in den Fall hineingezogen und erweist sich bald als wichtige Person für die Lösung des Falls und die Ermittlung des Täters...

Richard Chizmar gelingt eine wirklich packender und äußerst unterhaltsamer Roman, der sicherlich in der „kriminalistischen“ Ausarbeitung etwas zu wünschen übrig lässt, denn gegen Ende der Geschichte geht alles etwas zu rasant. Andererseits könnte man das Ganze auch als geschickte literarische Hommage lesen (nämlich an Stephen Kings Roman „Dead zone - Das Attentat“), und dann sind die Anspielungen wiederum genial erdacht.

„Gwendys Zauberfeder“ ist kein Meisterwerk, kein voluminöser Ziegelstein, aber eine äußerst vergnügliche Erzählung von hohem Unterhaltungswert, kurz, knapp und knackig!