Maddrax 565: Irrwege, Jana Paradigi & Ramon M. Randle (Buch)

Maddrax 565
Irrwege
Jana Paradigi & Ramon M. Randle
Bastei, 2021, Romanheft, 68 Seiten, 2,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Matthias Hesse

Der rote Planet, soviel lassen die Serien-Macher durchblicken, soll zur Mitte des aktuellen Zyklus eine entscheidende Rolle spielen. Doch bevor es soweit ist, müssen dort, 56 Millionen Kilometer (günstigstenfalls) von der Erde entfernt, noch einige Figuren neu positioniert und erzählerischer Boden beackert, respektive terrageformt werden.

Da wäre die skrupellose Machtübernahme des einstigen Präsidentenberaters Iwao Gonzales, das Auftauchen einer üblen, aber noch etwas diffusen Macht, das Heimischwerden der Exilantin Nomi im Neu-Utopia, Heimat der Mutanten. Und auch der ferne Mond Aquus will sich nach Jahren wieder ins Lesergedächtnis bringen.

 

Keine wirklich dankbare Aufgabe für das bewährte Duo Jana Paradigi und Ramon M. Randle, das Mars-Kompetenzteam der Serie: Die Vielfalt des agierenden Personals ist nicht gerade übersichtlich, und viele Handlungsmotivationen liegen in dunkler Serien-Vergangenheit. Somit ist es auch für die Leserinnen und Leser mit etwas Arbeit verbunden, dem Plot zu folgen. Unterm Strich aber eine Arbeit, die sich lohnt, denn „Irrwege“ braucht zwar seine Zeit, um zu zünden, hallt dafür aber auch länger nach.

Hauptachse beider Handlungsstränge ist das Liebespaar Biro, ein Wissenschaftler, und Cron, ein Koch aus dem Regierungspalast. Beide werden getrennt und von der sich neu ordnenden Macht missbraucht: Der eine soll eine gefährlich Expedition begleiten, der andere das friedliebende, aber wehrhafte Neu-Utopia der Mutierten ausspionieren - Leben und Wohlergehen des Partners sind die Druckmittel in Iwaos Händen. Doch ein namenloses Übel, das sich wie ein drohender Schatten über die marsianische Bevölkerung schiebt, bleibt ungreifbar und unbeherrschbar.

Vor diesem Hintergrund entspinnt sich ein reflektierter, fast philosophischer Serienbeitrag, der seinen Themen Macht, Selbstbestimmung und Vertrauen zahlreiche Facetten abtrotzt. Ist der Missbrauch von Macht in jedem Fall unausweichlich, wie Nomi behauptet? Ist persönliche Freiheit nur durchsetzbar, wenn man es sich gestattet, selbst machtvoll zu sein? Und was ist dann mit den Tugenden Güte und Vernunft? Was macht eine Gemeinschaft stark, die sich entschlossen hat, auf Zwang zu verzichten? Und kann sie frei bleiben, wenn sie plötzlich keine Waffen (in diesem Fall: Parafähigkeiten) mehr gegen einen äußeren Feind hat?

Dass die Lektüre eines Romanheftes solche Fragen aufwirft und auf stereotype Antworten verzichtet, ist schon eine besondere Leistung, aber was den unkomplizierten Zugang zu Atmosphäre, Spannung und Identifikation mit den handelnden Personen angeht, bleibt „Irrwege“ leider etwas im Soll.