Nadine Muriel & Rainer Wüst (Hrsg.): Das geheime Sanatorium - Phantastische Geschichten (Buch)

Nadine Muriel & Rainer Wüst (Hrsg.)
Das geheime Sanatorium - Phantastische Geschichten
Titelbild: Markus Weber
Lindwurm, 2021, Taschenbuch, 270 Seiten, 13,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Die Karpaten sind eigentlich dafür bekannt, dass sich hier - inmitten der tiefen Schluchten, der kargen Hänge und der hohen Gipfel - die Heimat der Vampire befinden soll. Das Wörtchen eigentlich weist darauf hin, dass die Gegend darüberhinaus noch mit weiteren, weit handfesteren Attraktionen aufzuwarten weiß. Angeschlossen an ein modernes Spa liegt hier, in den Berg hineinverbaut, ein Sanatorium, das nur Wenigen bekannt ist. In den Etagen, die tief unter die Erde reichen, werden ausschließlich phantastische Wesen behandelt. 

Eine Anstalt mit Salzsteingarten, in der Werwölfe, Vampire, Hexen und Geister mit psychischen Problemen willkommen sind, Hilfe erhalten und in Sitzungen, geleitet von Dr. Emil Bolze, an sich arbeiten. Den Empfang haben die Heinzelmännchen und Heinzelfrauen besetzt, Golems wachen über die Einhaltung der Regeln. Hierher kommen nur diejenigen, die wirkliche Probleme haben, die dies aber auch erkennen und sich Hilfe suchen.

Begleiten Sie also die Autorinnen und Autoren bei dreizehn Ausflügen in die Welt der Erkrankten, die Linderung und Heilung suchen.


Da geht es zum Beispiel um eine Drud, die nicht artgerecht die Gestalt annimmt, die ihr Gegenüber am meisten fürchtet; um eine Wunschfee, die verzweifelt weil vergebens versucht, einem Vampir dessen Herzenswunsch zu erfüllen; um einen Werwolf, der seine Verwandlung in eine reißende Bestie nicht mehr hinbekommt; um eine Nachthexe, die Rache sucht; um einen lasziven Geist, der sich nicht entscheiden kann, ob er doch wieder körperlich werden soll; um den Sensenmann, der in einem FKK-Bereich eine wahrlich traumatische Erfahrung gemacht hat, die er nicht verarbeiten kann; um einen Agenten der APA, der Agency for Prenatural Affairs; um einen Dieb auf der Suche nach dem Ei des Phönix; um die Ermittlung bei einem Mordfall und um eine Frau, die nicht tot bleiben will sowie eine Vampirin, die kein Menschenblut trinken mag.


An dieser Aufzählung kann man schon ersehen, dass die Autorinnen und Autoren sich erfolgreich bemüht haben, uns - eingepackt in einer Rahmenhandlung - viel Abwechslung zu kredenzen. Dabei greifen sie erfreulicherweise neben dem bekannten Figurenkabinett auch auf Wesen zurück, die sonst nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen und betreten so interessantes Neuland.

So manches Mal muss man auch als erfahrener Leser angesichts der Absurdität oder der Verwicklungen schmunzeln, hat man Mitgefühlt mit den Patienten jeglichen Geschlechts. Das Buch selbst ist sorgfältig redigiert, die Beiträge stilistisch ansprechend und inhaltlich variabel, so dass es angenehm und gut unterhält.