Jürgen Ehlers: Fantom (Buch)

Jürgen Ehlers
Fantom
KBV, 2021, Taschenbuch, 300 Seiten, 13,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Der 1948 in Hamburg geborene Jürgen Ehlers schreibt seit 1992 Kurz-Krimis und gibt entsprechende Anthologien heraus, ist Mitglied im Syndikat und in der Crime Writers’ Association. Er verfasste auch Romane, sieben davon erschienen bei KBV. Der aktuelle ist „Fantom“ und beruht tatsächlich auf tatsächlichen Ereignissen.


Im Oktober 1966 fordert ein unbekannter Erpresser, der sich selbst nur Roy Clark nach einen alten Episoden-Roman aus der „BILD“ nennt, von der Bundesbahndirektion 50.000 DM. Nachdem aber nur ein Bankschließfach im Hamburger Hauptbahnhof hochgeht und auch nur geringer Schaden entsteht, nimmt ihn kaum einer ernst.

Aber Kommissar Horst Berger und sein Vater Wilhelm nehmen die Drohungen von Anfang an ernst, auch wenn sie eigne Probleme aufarbeiten müssen. Und sie behalten recht, denn in den kommenden Monaten nehmen nicht nur Geldsummen in den Forderungen zu, auch die Art der Bedrohung für die Reisenden - denn Schienen werden hochgebogen und Stahltrossen gespannt… und letztendlich kommt auch TNT zum Einsatz.


Wie der Autor selbst in seinem Nachwort schreibt, handelt die Geschichte tatsächlich von zwei Kriminalfällen, die sich Mitte der 60er Jahre ereigneten. Er bezieht sich auf die Fakten, hat aber natürlich auch Einiges dazu gedichtet; gerade die Ermittler und Teile ihrer Arbeit sind erfunden, vermutlich ist auch die Vorgeschichten der Verbrecher etwas ausgebaut worden, um sie lebendiger zu gestalten.

Neben dem eigentlichen Geschehen kommen auch noch andere Dinge zur Sprache, denn der Zweite Weltkrieg ist immer noch nicht vergessen, wirft seine Schatten über die Menschen, ebenso wie andere militärische und politische Konflikte, die sich nach und nach auch immer mehr in die Öffentlichkeit drängen, wie der Vietnamkrieg und der Tod Benno Ohnesorgs bei einer Demonstration.

Eine besondere Stärke beweist der Roman beim Zeitkolorit; man fühlt sich regelrecht in die Zeit zurückversetzt, in der die Kommunikationswege noch ganz anders waren, selbst Dienstfahrzeuge gab es noch nicht. Dafür reagierte die Presse auch noch nicht sofort, sondern erst wenn es viel interessanter wurde.

Auch wenn der Autor eine gewisse Distanz zu seinen Figuren wahrt, so fühlt man doch mit ihnen mit, weiß den Ermittler ebenso zu schätzen wie seinen Gegenspieler - das Fantom -, der eigentlich auch nur ein Durchschnittsmann ist.

Am Ende bleibt man nachdenklich zurück, denn Einiges vergisst man nicht so schnell, da die wichtigen Figuren intensiv gezeichnet sind und die Stimmung genau richtig ist - und dies einem deutlich macht, dass vor fünfzig Jahren alle Mühlen langsamer liefen, als heute.

„Fantom“ ist ein Krimi, der vor allem durch die Figuren und auch das Zeitkolorit lebt. Die Geschehnisse werden zwar zumeist nüchtern und klar erzählt, verfehlen aber dennoch ihre Wirkung nicht, da sie den Leser in eine Ära zurückversetzen, in der Ermittlungserfolge hart erarbeitet waren und die Kripo-Beamten auch viel Geduld mitbringen mussten, um die Täter letztendlich zu schnappen.